Ida Orloff – Biographie & Lebenslauf

Kindheit

Ida Orloff wurde als Ida Margaretha Weißbeck, genannt Iduschka, am 16. Februar 1889 in St. Petersburg geboren. Iduschkas Vater Georg Weißbeck verstarb als sie vier Jahre alt war. Wenige Jahre später heiratete Iduschkas Mutter Ida den österreichischen Adligen Georg Siegler, Edler von Eberswald. Er war Offizier, und so wuchs Iduschka in verschiedenen Garnisonsstädten auf.

Das junge Mädchen besuchte für mehrere Jahre eine Klosterschule. Während der Schulzeit unternahm sie einen Selbstmordversuch. Es sollte nicht der einzige in ihrem Leben bleiben. Bereits als Schülerin war sie fest entschlossen, Schauspielerin zu werden, sehr zum Unmut ihrer Mutter.

Doch die Mutter gab dem Bestreben der Tochter nach. Ida Orloff besuchte daher in Wien die Theaterschule Otto. Bereits 1905 erhielt sie ihre Chance für den Beginn einer Schauspielerinnenkarriere. In Wien sollte zu dieser Zeit “Die Büchse der Pandora” von Frank Wedekind aufgeführt werden. Die Rolle der Lulu sollte die junge Tilly Newes spielen. Auch Iduschka, Tilly Freundin, sollte ebenfalls in einer kleinen Rolle mitspielen.

Berlin

Zu dieser Zeit besuchte der Direktor des Berliner Lessingtheaters, Otto Brahm, die Proben zu dem Wedekind-Stück. Er hatte in Berlin bereits mehrere Theaterstücke von Gerhart Hauptmann inszeniert und suchte eine Schauspielerin für die Hauptrolle in “Hanneles Himmelfahrt”. Otto Brahm entdeckte die junge Iduschka, und er war entschlossen, sie nach Berlin zu engagieren.

Da Iduschka noch minderjährig war, fragte Brahm die Mutter nach deren Einverständnis. Während Ida Siegler noch zögerte, war ihre Tochter von dem Engagement begeistert. Es gelang ihr schließlich, die Mutter zu überzeugen. Kurz darauf zog sie mit ihrer Mutter nach Berlin in eine einfache Wohnung.

Iduschka nahm in Berlin gleich einen Künstlernamen an – Ida Orloff, als Erinnerung an ihre zum Teil russische Herrschaft- und weil es damals modern war sich russisch zu geben.

Kurz nach ihrer Ankunft in Berlin begannen die Proben. Gleich im ersten Theaterstück sollte Ida Orloff an der Seite zweier bekannter Darsteller spielen. Else Lehmann spielte Hanneles Mutter und Oskar Sauer den Lehrer Gottwald. Otto Brahm hatte inzwischen Gerhart Hauptmann von seiner Wiener Entdeckung berichtet.

Erfolge

Hauptmann besuchte deshalb eine der Proben und war sofort der Persönlichkeit Ida Orloffs erlegen. In seinen persönlichen Aufzeichnungen verfiel er in Schwärmerei über die junge Frau. Trotzdem zeigte er seine Empfindungen über die junge, noch minderjährige, Schauspielerin nicht in der Öffentlichkeit.

Ida Orloff war begierig endlich den großen Dramatiker Hauptmann kennen zu lernen. Doch er war ihr gegenüber sehr zurückhaltend. Sie ahnte nicht, was Hauptmann wirklich für sie empfand.

Voller Ungeduld fieberte Ida Orloff der Premiere entgegen. Am 19. September 1905 war es soweit. Die Kritiken über Ida Orloff waren sehr gut, und die junge Schauspielerin konnte es zunächst nicht glauben, was sie in den Zeitungen las. Alfred Kerr fand die junge Schauspielerin voller “Anmut” und “reizend”. Das Stück selber fand weniger Wohlwollen. Franz Mehring bezeichnete es als “Quark”.

Voller Enthusiasmus konnte sie kaum die nächsten Engagements erwarten. Otto Brahm versprach ihr Rollen in Ibsens “Wildente” und Hauptmanns “Versunkene Glocke”. Bald tauchten Gerüchte auf, dass Hauptmann an einem neuen Stück arbeite, in dem Ida Orloff die Hauptrolle spielen sollte. Und mehr noch, es wurde vermutet, dass der große Dichter durch die Persönlichkeit Ida Orloffs dazu angeregt worden sein sollte. Die junge Frau wollte und konnte es kaum glauben, weil sich Hauptmann ihr gegenüber nie dazu geäußert hatte.

Schließlich fand im Lessing-Theater eine erste Lesung des neuen Werkes statt. Dazu wurde auch Ida Orloff eingeladen, die gerade in Ibsens “Wildente” auf der Bühne stand. Hauptmann las selber aus “Und Pippa tanzt” vor. Ida Orloff war von der Art, wie Hauptmann den Text vorlas, begeistert.

Hauptmann überwachte anschließend die Proben und Ida Orloff, die die Hauptrolle spielte. Während viele ihrer Schauspielerkollegen immer mehr Anzeichen an Hauptmann entdeckten, die darauf hinwiesen, dass er von der jungen Schauspielerin fasziniert war, war Ida Orloff vollkommen ahnungslos.

Am 19. Januar 1906 war Premiere im Berliner “Lessing-Theater”. Doch es wurde nur ein Achtungserfolg, wobei die darstellerischen Leistungen dem Berliner Theaterpublikum gewürdigt wurden.

Leidenschaft

Endlich wagte Gerhart Hauptmann einen ersten Annäherungsversuch. Er schickte Ida Orloff die Buchausgabe von “Und Pippa tanzt” mit einer persönlichen Widmung und einer Einladung zu einem Treffen. Hauptmann und Orloff trafen sich in der nächsten Zeit mehrfach heimlich. Später wagte es der Dichter, seine Geliebte vom Theater zu deren Wohnung zu begleiten. Trotzdem blieb Hauptmann immer noch zurückhaltend. So war sich Ida Orloff immer noch nicht klar darüber, was Hauptmann in ihr sah.

Als Hauptmann nach Weimar reisen musste, begann sich den beiden ein reger Briefwechsel. Die junge Frau übernahm schließlich den etwas aktiveren Part in der Beziehung zu Hauptmann. So durfte Hauptmann schließlich einen “Antrittsbesuch” bei Idas Mutter abstatten. Obwohl die Mutter etwas skeptisch war, konnte Hauptmann Ida Orloff auch endlich in deren Wohnung besuchen.

Ein ungewöhnliches Paar hatte sich gefunden. Ida Orloff, lebenslustig und glutäugig und der sonst so sprachgewaltige Dichter, der sich in Gegenwart Idas kaum äußern konnte. Ida entsprach Hauptmanns Schönheitsideal der blonden Frau. Diesem Frauentyp sollte er auch in seinen Werken Raum geben.

Wie sich Hauptmann fühlte hatte er in seinen Aufzeichnungen festgehalten. Er schwankte zwischen großer Liebelei und nüchternem Realismus. So blickte er verächtlich auf die einfachen Wohnverhältnisse der beiden Frauen und beschrieb seinen Ekel darüber, wie man so leben könne. Für Hauptmann, der in ansehnlichem Luxus lebte, waren die privaten Lebensumstände von Mutter und Tochter unverständlich. Auch nannte er Ida in seinen Aufzeichnungen Hure. Andererseits schickte er aber der jungen Schauspielerin gefühlvolle Zeilen. Zärtlich nannte er sie Idinka.

Hauptmann war von quälender Eifersucht befallen und verlangte von Ida immer wieder Auskunft über deren vergangene Liebschaften. Trotz seiner Liebe zu Ida Orloff, ließ er die Schauspielerin nicht an seine literarischen Vorstellungen und Pläne teilhaben. Und gerade das erwartete die Schauspielerin von ihm, weil sie begierig war, sich selber weiter zu entwickeln. Hauptmann war mehr daran interessiert, Ida Orloff aus ihren einfachen Lebensumständen zu “befreien”. Hauptmann ähnelte mit seinen Vorstellungen der Figur des Professor Unrath. Man sieht Hauptmann wie in der Figur des alten, liebestollen Mannes in einer Tragikomödie.

Im Frühjahr 1906 erkrankte Hauptmann und zog auf Anraten seiner Frau Margarete nach Agnetendorf, um sich zu kurieren. Zwischen den beiden Liebenden begann ein reger Briefwechsel, wobei Ida Orloff in ihren Briefen darauf drängte, dass sich Hauptmann zu ihrem Verhältnisse bekennen sollte. Margarete Hauptmann unternahm nichts gegen den regen Briefverkehr. Sie spekulierte darauf, dass die räumliche Distanz das Verhältnis abkühlen lassen würde.

Die siebzehnjährige Ida Orloff fuhr nach Wien, um in “Und Pippa tanzt” die Hauptrolle zu spielen. Hier fasste Ida Orloff einen seltsamen Entschluss; sie wollte heiraten. Aber nicht Hauptmann. Sie hatte dazu einen jungen polnischen Bildhauer ausersehen, den sie von früher kannte. Als Ehefrau meinte sie, sich endlich zu Hauptmann öffentlich bekennen zu können. Natürlich wollte sie sich bald wieder scheiden lassen. Hauptmann nahm zu diesen abenteuerlichen Vorstellungen keine deutliche Stellung. Er ließ Ida Orloff weiter im Ungewissen.

“Und Pippa tanzt” wurde vom Wiener Publikum gefeiert, während die Presse der Stadt weniger Lob spendete. Kurze Zeit später trafen sich Gerhart Hauptmann und Ida Orloff auf Rügen und verbrachten mehrere Tage zusammen. Auch hier zeigten sich wieder ihrer gegensätzlichen Naturelle. Ida Orloff schäumte über vor Energie, und sie drängte Hauptmann von seinen neuen Werken zu berichten. Sie betrachtete sich als Schülerin des großen deutschen Dichters und erwartete von ihm Ratschläge für ihre künftige Karriere. Sie wollte Hauptmann davon überzeugen “Und Pippa tanzt” in Russland aufzuführen; sie wolle auch bei der Übersetzung helfen.

Gerhart Hauptmann war von dieser Energie, Lebhaftigkeit und Spontanität irritiert. Er war es gewohnt, dass er seinen Umgang und Tagesablauf selber bestimmte, doch Orloff machte ihm alle Planungen zunichte. Wieder versuchte die Schauspielerin, Hauptmann zu einer Entscheidung über ihr beiderseitiges Verhältnis zu bewegen. Außerdem wünschte sie sich auch eine neue Rolle von ihm. Die Rolle versprach er ihr, doch mehr nicht.

Nachdem Hauptmann Rügen wieder verlassen hatte, entwarf Ida Orloff Pläne für ihre Zukunft. Es gab noch so viel für sie zu entdecken und zu erleben. Sie wollte noch mehr Sprachen lernen, Theater spielen, und das Leben genießen. Und sie hoffte auf weitere Treffen mit Hauptmann.

Beide führten ihren regen Briefwechsel fort, wobei Hauptmann auf genaue Berichterstattung der Erlebnisse Orloffs bestand. Inzwischen spielte Ida Orloff die Rolle der Franziska im “Fuhrmann Henschel”.

Hauptmann hatte seiner Geliebten zugesagt, ein Stück für sie zu schreiben, doch das war gelogen. Hauptmann arbeitete 1906 an “Gabriel Schillings Flucht”, das keine Rolle für Ida Orloff vorsah. Als sie davon erfuhr, machte sie dem Dichter Vorwürfe, doch Hauptmann reagierte darauf nicht.

Langsam wuchsen die Zweifel bei der jungen Schauspielerin, dass sich Hauptmann endlich für sie entscheiden würde. Das “Lessing-Theater” wollte sein Werk “Jungfrau vom Bischofsberg” aufführen. Ida Orloff übernahm eine der Rollen. Zurück in Berlin überwachte Hauptmann die Proben.

Die Premiere war ein Misserfolg. Erst spätere Aufführungen wurden von der Kritik wohlwollend aufgenommen. Das größte Lob erhielt dabei Ida Orloff. Inzwischen tauchten wieder Gerüchte auf, dass Hauptmann doch ein Stück für seine Geliebte schriebe. Hauptmann schwieg zu den Spekulationen.

Inzwischen hatte Ida Orloff einen Brief von Karl Satter, einem Wiener Jugendfreund, erhalten. Er war einer ihrer damaligen Verehrer und gestand ihr in seinem Brief, dass er immer noch an sie denke. Kurzentschlossen beschloss die junge Frau, Karl Satter zu heiraten. Als Hauptmann von ihrer Verlobung erfuhr, reagierte er nicht darauf.

Ida Orloff heiratete am 23. Juli 1907 Karl Satter. Ihr Ehemann zog zu ihr nach Berlin, obwohl er hier keine Arbeit fand. Inzwischen erfuhr sie, dass Otto Brahm am “Lessing-Theater” das Hauptmann-Stück “Kaiser Karls Geisel” aufführen wollte. Und Ida Orloff erhielt die einzige weibliche Rolle, die Gersuind. Die Premiere am 11. Januar 1908 überzeugte die Kritiker nicht. Obwohl die Berliner Kritikerkreise deutlich verstanden hatten, wer den beiden Hauptpersonen des Theaterstücks als Vorbild gedient hatten, erwähnten sie es nicht in ihren Kommentaren.

Das Verhältnis zwischen Hauptmann und Ida Orloff blieb weiter für lange Zeit der Öffentlichkeit verborgen. Erst Hauptmanns “Roman der Leidenschaft” und die Söhne Ida Orloffs, Heinrich Satter und Wolfgang Leppmann, machten das Verhältnis endlich bekannt.

“Kaiser Karls Geisel” sollte nicht das einzige Werk bleiben, in dem die Frauengestalt Anspielungen auf Ida Orloff enthielt. Hauptmanns Vorstellungen, Sehnsüchte und Stimmungen, die er bereits in seinen autobiographischen Notizen festgehalten hatte, fanden ihre literarische Verarbeitung in seinem Spätwerk.

Trotz allem war Hauptmann immer noch davon überzeugt, mit Ida Orloff in irgendeiner Form weiter zu leben. Er sah in ihr seine Muse und Mätresse. Doch Ida Orloff erkannte in dieser Zeit immer mehr, dass sich Hauptmann nicht von seiner willensstarken und klugen Frau offiziell trennen würde.

Hauptmann versuchte sich immer wieder, literarisch von Ida Orloff zu befreien, in dem er seine Frauengestalten, die Ida als Vorbild hatten, in seinen Werken sterben ließ. Doch auch diese Methode konnte ihn nicht von der Anziehungskraft der jungen Ida befreien.

Ida Orloff ließ sich im Alter von 19 Jahren wieder scheiden, um unabhängig zu sein. Am 20. Januar 1908 wurde die Ehe geschieden, doch beide lebten noch zehn weitere Jahre zusammen. Die Scheidung blieb einem Teil des Freundeskreises dabei jahrelang verborgen.

Wien

Ida Orloff war eine gern gesehene Schauspielerin in Berlin, doch ihre persönliche Unrast drängte nach Veränderung. Sie wollte nicht nur in dramatischen Werken auftreten und Kindfrauen spielen. Für eine Komödie lernte sie daher die Berliner Mundart, die sie spielend auf der Bühne beherrschte. Immer auf der Suche nach Neuem ließ sie sich, sehr zum Missfallen Karl Satters, sogar nackt fotografieren.

Die vielseitige Schauspielerin blieb in Berlin weiter beliebt und konnte sich jetzt einen kleinen Wohlstand leisten. So hielt sie sich eine ungewöhnliche Menagerie von Tieren in ihrer Wohnung. Hunde, Kolibris und ein Alligator gehörten dazu.

Nachdem sie am 27. September 1908 von ihrem Sohn Hermann entbunden wurde, erhielt sie für das folgende Jahr ein Engagement am Wiener Burgtheater. Doch die Träume von der großen Karriere an diesem bedeutenden Theater erfüllten sich nicht für Ida Orloff. Sie spielte zwar in mehreren Aufführungen mit, doch die Rollen waren nicht herausragend.

Außerdem wurde Ida Orloff nicht vertraut mit dem Leben am Burgtheater, das von Bürokratie und Traditionen eingeengt wurde. Sie ließ sich dadurch aber nicht entmutigen. So spielte sie in den Theaterferien des Burgtheaters in dem Varieté Ronacher eine Rolle. Ein Auftritt in einem Varieté war damals für eine Burgschauspielerin aber skandalös.

Ida Orloff suchte deshalb nach neuen Betätigungsfeldern, und sie entdeckte dabei das neue Medium Film für sich.

Eine dänische Filmproduktion wollte 1913 den Roman “Atlantis” von Gerhart Hauptmann verfilmen. Ida Orloff erhielt das Angebot, in diesem Film mitzuspielen. Der Direktor des Burgtheaters vertrat aber die Auffassung, dass seine angestellten Schauspieler nicht beim Film mitarbeiten dürften. Nach Drehschluss gewährte Ida Orloff Journalisten ein Interview, in dem sie sich über die mangelnde Akzeptanz durch das Burgtheaters beklagte. Weitere kritische Anmerkungen fanden in der Wiener Öffentlichkeit Aufmerksamkeit.

Die konservative Leitung des Burgtheaters konnte solche kritischen Äußerungen nicht dulden und entließ Ida Orloff als erste Schauspielerin des Theaters am 7. September 1909 fristlos.

Ida Orloff gründete im Herbst des Jahres eine eigene Theatertruppe, mit der sie nach Russland auf Tournee gehen wollte. Die ersten Auftritte mit zwei Hauptmann-Stücken fanden in St. Petersburg statt. Diese und weitere Aufführungen fanden lobende Kritiken, doch finanziell waren sie nicht erfolgreich. So musste Ida Orloff die Reise abbrechen und nach Wien zurückkehren.

Krise

1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Das Leben von Ida Orloff und ihrem geschiedenen Mann, mit dem sie immer noch zusammen lebte, sollte sich dramatisch ändern. Karl Satter weigerte sich, zum Militär zu gehen, weil er bezweifelte, dass der Krieg siegreich beendet werden würde. Um der österreichischen Justiz zu entgehen, emigrierte Karl Satter und Ida Orloff nach Kopenhagen. Satter arbeitete hier als Privat-Lehrer, während Ida Orloff als Haushaltshilfe tätig war.

1916 verstarb ihr zweitältester Sohn. 1917 wurde sie erneut schwanger. Die Beziehung zwischen den beiden so ungleichen Menschen brach schließlich auseinander, und Ida Orloff kehrte nach Wien zurück. Da sie aber kein Engagement am Wiener Burgtheater erhalten konnte, reiste Ida Orloff nach Berlin.

Sie trat in der Hauptstadt in mehreren Theaterstücken auf, fand aber nicht mehr die Aufmerksamkeit des Publikums, obwohl Kritiker ihre darstellerische Leistung würdigten. Bis 1933 trat sie deshalb in Radiosendungen auf und hielt regelmäßig Lesungen. Dabei las sie auch aus Werken von Gerhart Hauptmann. Daneben übersetzte sie russische Literatur ins Deutsche und gab Schauspielunterricht. Ihre Schauspielschülerinnen mussten dabei oft Szenen aus Hauptmann-Werken üben.

Letzte Auftritte

1933 emigrierte sie mit ihrem zweiten Mann Franz Leppmann, einem Juden und ihrem gemeinsamen Sohn Wolfgang (geb. 1922) nach Italien. Als sich Italien dem Wunsch Hitlers beugte, deutsche Emigranten auszuliefern, bat Ida Orloff Gerhart Hauptmann um Hilfe, damit sie in Italien bleiben könne. Hauptmann weilte gerne in Italien und man sagte ihm ein gutes Verhältnis zu Mussolini nach. Diese Tatsache wollte sich Ida Orloff zunutze machen. Doch Hauptmann lehnte ihre Bitte ab.

Sie reiste nach England und lebte dort kurze Zeit in ärmlichen Verhältnissen. Doch eine schwere Krankheit zwang sie zur Rückkehr nach Berlin. Wieder gab sie Schauspielunterricht und spielte an Berliner Theatern. 1941 trat sie wieder in einem Theaterstück von Hauptmann auf. In der Fortsetzung des Biberpelzes spielte sie im “Roten Hahn” die Rolle der Frau Fielitz, der ehemaligen Mutter Wolffen. Nach einer Vorstellung erschien sogar Gerhart Hauptmann und beide trafen sich nach Jahren wieder. Doch die Begegnung verlief von Seiten Hauptmanns distanziert.

Inzwischen war Ida Orloff nicht mehr die agile und sprunghafte Frau. Sie war müde geworden. In zwei Briefen versuchte sie nochmals Hauptmann zu einem neuen Stück für sie zu animieren. Doch Hauptmann antwortete nicht. Sie traf Hauptmann ein letztes Mal 1943 am Burgtheater.

Ihre letzte Rolle spielte sie in Berlin in Ibsens “Die Stützen der Gesellschaft”. Nach einer Gehirnblutung zog sie sich nach Wien zurück. Während ihrer letzten Lebensmonate gab sie wieder Schauspielunterricht und hielt Lesungen, auch aus Werken Hauptmanns.

Ida Orloff war zunächst nicht um ihre Sicherheit besorgt, als russische Truppen in Wien einmarschierten. Sie, die die russische Literatur liebte, konnte sich nicht vorstellen, dass russische Soldaten sich unzivilisiert benehmen würden. Die ersten russischen Offiziere, die Orloff kennen lernte, entsprachen ihrer Wunschvorstellung. Doch die nachfolgende Soldateska verbreitete Angst und Schrecken in Wien und zahllose Frauen wurden vergewaltigt. Am 9. April 1945 beging Ida Orloff Selbstmord, aus Angst vor Vergewaltigung. Fast zur gleichen Zeit fiel ihr Sohn Hermann in der Nähe von Wien.

Literatur:

Heinrich Satter: Weder Engel noch Teufel; Ida Orloff
München: Scherz 1967

Eva Bakos: Wilde Wienerinnen; Leben zwischen Tabu und Freiheit
Wien: Ueberreuter 1999

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