Definition
Lese-Rechtschreibschwäche (Lese-Rechtschreibstörung kurz LRS) ist eine umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung im Erlernen von Lesen und Rechtschreiben.
Doppeltes Diskrepanzniveau
- Diskrepanz = Niveau im Lesen und Rechtschreiben ist mangelhaft o. Ungenügend im Vergleich altersgleicher Schulpopulation
- Diskrepanz = Niveau im Lesen und Rechtschreiben ist niedriger als gemessenes Intelligenzniveau
Klassifikation von LRS
Nach ICD-10 (Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten)
Nach DSM-IV (Lernstörungen, die klinischen Störungen zugeordnet werden)
Isolierte Rechtschreibstörung
Verdrehung von Buchstaben, Vertauschung von Buchstabenfolgen, Auslassen/Einfügen von Buchstaben, Dehnungsfehler, Regelfehler, Verwechselung von Lautzeichen, Inkonstanz von Fehlern
Lesestörung
- Auslassen/Ersetzen/Verdrehen/Hinzufügen von Worten und Wortteilen, Verlangsamtes Lesetempo, Startschwierigkeiten beim Vorlesen, stockendes Lesen, verlieren der Zeile im Text, nicht sinnhaftes Betonen, Vertauschen von Wörtern im Satz o. Von Buchstaben in den Wörtern, Unfähigkeit das Gelesene Wiederzugeben, aus Gelesenem Schlüsse zu ziehen und/oder Zusammenhänge zu sehen
Pathogenese (Entwicklung/Entstehung)
- mögliche Kompensierung durch optimale schriftsprachliche Förderung
- bei schlechter schriftspr. Förderung: schwerwiegendes Lese-Rechtschreibversagen
- LRS bedeutet keine Hirnschädigung!
Im „Lese-Rechtschreibzentrum des Gehirns“ werden visuell aufgenommene schriftsprachl. Informationen in akustisch-sprachliche Informationen übersetzt
Phonologisches Bewusstsein
- Große Bedeutung für das Erlernen des Lesens und Rechtschreibens
- Fähigkeit lautsprachliche Einheiten (Wörter, Silben, Reime, Laute) zu erkennen und zu unterscheiden
- Enger Zusammenhang zwischen phonologischer Bewusstheit im Vorschulalter und späterem Schulerfolg im Lesen und Rechtschreiben
Genetik
Die bisherigen Befunde zur Genetik der LRS lassen folgende Schlüsse ziehen:
- LRS werden durch verschiedene Genorte mitbestimmt
- LRS sind heterogen, dominante Erbgänge sind häufig
- Kein „Legastheniegen“
- Komplexes Zusammenwirken von Genen
- Nichtgenetische Faktoren spielen ebenfalls eine kausale Rolle
Psychosoziale Zusammenhänge
- Allgemeine psychosoziale Einflüsse / Umwelteinflüsse bestimmen die Lese-Rechtschreibfertigkeiten mit
- Zusammenhang zwischen LRS und sozialer Schichtzugehörigkeit der Familie
- Qualifizierte Hausaufgabenhilfe durch die Eltern verbessert Lese-Rechtschreibentwicklung
Verlauf der allgemeinen psychischen, schulischen und beruflichen Entwicklung und der sozialen Eingliederung
- Im Vorschulalter: Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung / Entwicklungsstörung der Sprache, Visuo-motorische Beeinträchtigung, Störungen im Sozialverhalten
- Im Schulalter: Hyperkinetische Störung, emotionale Störung, Störung des Sozialverhaltens, Hausaufgabenkonflikte
- Das schulische Fortkommen: Klassenwiederholungen, Leistungsschwierigkeiten in anderen Schulfächern, Niedriger Schulabschluss
- Das berufliche Fortkommen: Höhere Arbeitslosigkeit, Gefängnisinsassen weisen oftmals LRS auf
Therapie
- Gezielte LRS-Behandlung / Psychotherapie
Die multimodale Behandlung der LRS
- patientenzentrierte Interventionen -> Übungsbehandlung
- umweltzentrierte Verfahren -> Eltern-Kind-Trainigsprogramme und/oder schulische Förderprogramme
- Eingliederungshilfe
Die Behandlung psychischer Begleitstörungen
- bei sekundären komorbiden Störungen als Folge der LRS reicht Therapie letzterer aus, ansonsten ist eine Psycho- bzw. Pharmakotherapie nötig
- LRS ist nicht durch Medikamente heilbar, allerdings kann Pirazetam die Leseflüssigkeit verbessern
Begleitende Entwicklungsstörungen (Teilleistungsstörungen)
- Sprachentwicklungsstörungen
- Rechenstörungen
- notorischen Entwicklungsstörungen
- taktil-kinastetischen Wahrnehmungsstörungen
- Aufmerksamkeitsstörungen
- teilweise Sinnesfunktionsstörungen
Prävention
vorschulische Screening-Untersuchungen und Verfahren zur vorschulischen Förderung
Lernspiel im Unterricht
„Der Gedanke, den Eifer, mit dem sich die Kinder ihren Spielen hingeben, pädagogisch zu nutzen, ist so alt, wie die Pädagogik selbst.“ (Scheuerl)
Defintion von „Spiel“
es gibt keine eindeutige und allgemeingültige Defintion
Bestimmungsmerkmale des Spiels nach H. Meyer:
1. Spielen erfordert einen freien Raum, weil es selbst frei von fremden Zwecken ist
2. Spielen ist in sich zielgerichtet; es wird durch Regeln begrenzt
3. Spielen findet in einer Scheinwelt statt
4. Spielabläufe sind mehrdeutig und offen
5. Spielen schafft eine handelnde Auseinandersetzung mit den MitspielerInnen oder dem Objekt
6. Spielen erfordert Anerkennung von Regeln
7. Spiele erfüllen sich in der Gegenwart
8. Spielen ist in den meisten Fällen mit Spaß verbunden
Lernspiele sind Spiele, die neben der spielerischen Handlung auch Wissen vermitteln