Kayapó-Indianer und das Internet – Referat über Indianer im Amazonas

Diese Hausarbeit beschäftigt sich im Rahmen des Proseminars „Kulturen im Netz“ mit den Kayapó-Indianern aus dem brasilianischen Amazonas-Regenwald als einem Beispiel ethnischer Gruppen und ihrer Verbindung zu modernen Medien, sowie dem Umgang mit ihnen.

Im ersten Punkt des Hauptteils gehe ich zunächst auf die Kayapó als solche ein, stelle sie, ihren Lebensraum, ihr Leben an sich und ihre Struktur vor, damit man ein genaueres Bild dieser Kultur hat.

Im zweiten Teil erläutere ich den Widerstand der Kayapó. Wofür setzen sie sich ein, aus welchen Beweggründen, was sind ihre Forderungen und wie möchten sie diese durchsetzen?

Der dritte und letzte Teil des Hauptteils geht dann auf die Kayapó und ihren Bezug zu modernen Kommunikationsmedien ein. Fragestellung hierbei ist, inwieweit die Kayapó überhaupt mit der „Außenwelt“ vernetzt sind, wie sie öffentlich dargestellt werden und wie sie mediale Aufmerksamkeit zur Erreichung ihrer Ziele nutzen und nutzen konnten.

Abschließend möchte ich ein kurzes Résumé ziehen.

Siedlungsgebiet der Kayapó

Das Siedlungsgebiet der Kayapó-Indianer befindet sich südlichen Teil des brasilianischen Bundesgebiets Pará, sowie im nördlichen Teil des Bundesgebiets Mato Grosso. Sie leben dort entlang der Flüsse Iriri, Bacajá und Fresco, sowie an Teilen des großen Xingu-Flusses. Dieses heute besiedelte Territorium entspricht der Größe Österreichs und liegt zwischen 300 und 400m Metern über dem Meeresspiegel. Im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte migrierten die Kayapó mehrmals, sodass das heute besiedelte Gebiet, nicht mehr dem des im 19.Jahrhundert besiedelten Gebiet entspricht.
Das Klima in diesem Teil der Erde teilt sich in zwei charakteristische Zeiten, der Trocken- und Regenzeit. Trockenzeit ist von Mai bis Oktober, dem Winter auf der Süd-Halbkugel. Den Sommer beherrscht die Regenzeit von November bis April. Die Bevölkerung der Kayapó belief sich nach einer Zählung im Jahre 2003 auf 7096 Menschen (vgl. http://www.socioambiental.org/pib/epienglish/kayapo/kayapo.shtm 12.03.2007).

Name der Kayapó

Der Name „Kayapó“ (verschiedene Schreibweisen möglich: Caiapó, Cayapó, Kayapo) wurde zum ersten Mal anfangs des 19. Jahrhunderts gebraucht, allerdings nur von anderen indigenen Völkern, die ihnen diesen charakteristischen Namen gaben, der soviel bedeutet wie „die, die so aussehen wie Affen“. Herleiten lässt sich dieser Name, von dem Ritual, dass Kayapó-Männer bei bestimmten Ritualen mit Affenmasken bekleidet auftreten. Die Kayapó selbst nennen sich Mebêngôkre, was „Männer der Wasserstelle“ bedeutet und ihren Lebensraum an Flüssen charakterisiert.

Sprache der Kayapó

Die Sprache der Kayapó ist eine eigene, die zur Familie der Gê- und diese wiederum zur Familie der Macro-Gê-Sprachen gezählt wird, welche die Sprachen der indigenen Völker zusammenfasst. Innerhalb der Kayapó-eigenen Sprache gibt es wiederum regionale Unterschiede und verschiedene Dialekte auch zwischen den einzelnen Kayapó-Gruppen. Charakteristisch ist außerdem, dass die Männer bei offiziellen Anlässen und Zeremonien ihre Stimmen so verstellen, dass es klingt, als würde ihnen in den Magen geschlagen werden. Ob und wie gut ein Kayapó portugiesisch, die Nationalsprache Brasiliens, beherrscht, hängt davon ab, inwieweit er in Kontakt mit Weißen steht.

Geschichte und Migration

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten die Kayapó in drei großen Gruppen entlang des Tocantin-Flusses: den Ira-amranh-re, den Goroti und den Porekry.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es ersten Kontakt mit Weißen, die die Kayapó in ihrem damaligen Gebiet aufspürten. Dieser Kontakt führte zu einer kriegerischen Auseinandersetzung, die die Kayapó trotz zahlenmäßiger Überlegenheit verloren, da sie, anders als ihre weißen Gegner, keine geeigneten, beziehungsweise ebenbürtigen Waffen besaßen. Nach diesem Kampf beschlossen sie ihr bis dato angestammtes Territorium zu verlassen und flüchteten Richtung Westen ins Landesinnere. Ungefähr 30 Jahre später kamen die weißen Entdecker jedoch zurück. Dies hatte eine Spaltung der Kayapó in zwei wesentliche Lager zur Folge. In das derer, die friedlich mit den Weißen umgehen konnten und Kontakt hielten und derer, die den Kontakt zu Weißen strikt ablehnte. Die Ira-amranh-re und die Porekry entschlossen für den friedlichen Kontakt mit den Entdeckern. Noch vor 1930 waren diese beiden Gruppen jedoch ausgelöscht, aufgrund des Kontaktes mit den Weißen, da eben dieser Kontakt schwere Krankheiten für die Kayapó zur Folge hatte, die sich nicht überlebten, da sie, beziehungsweise ihr Immunsystem nicht an die Zivilisationskrankheiten angepasst waren. So blieb nur die Gruppe der Goroti übrig. Diese lehnte den Kontakt weiter ab und floh erneut Richtung Westen in die Region zwischen Regenwald und offener Landschaft und ließ sich dort nieder.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bemerkten sie, dass sie sowohl Flora, als auch Fauna um ihr angestammtes Gebiet soweit ausgelaugt hatten, dass weder Jagen noch Feldwirtschaft mehr in subsistent ausreichendem Maße möglich war. Daraufhin beschlossen sie mehrere Dörfer im Umkreis im Abstand von 20 bis 50 Kilometern zu errichten und diese alle zwei Jahre zu wechseln. Dadurch konnte sich die Natur in und um die brach liegenden Dörfer erholen.

In den 1950er und 1960 er Jahren des 20. Jahrhunderts entsandte die brasilianische Regierung Spezialisten, um die Kayapó zu finden und sie zu zivilisieren. Dieses Mal lehnten die Kayapó den Kontakt mit den Weißen und damit zur Außenwelt nicht ab und halten diesen bis heute.

Was die Migrationen zwischen den einzelnen Dörfern angeht, so hat diese bis heute nachgelassen. Höchstens die Männer wandern noch zwischen den Dörfern, wenn sie Jagen; Frauen und Kinder bleiben in angestimmtem Dorf zurück.

Leben und politische Organisation

Das Leben der Kayapó wird bestimmt durch Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau. Männer gehen jagen und fischen, um für Nahrung und den Erhalt der Familie zu sorgen. Außerdem bereiten sie Wege durch den Urwald, indem sie mit Macheten und ähnlichem Werkzeug Furchen in das Dickicht schneiden. Wenn Kayapó-Männer auf Jagd sind, so jagen sie immer alleine und kehren erst wieder ins Dorf zurück, wenn sie etwas mitbringen können und vorzuweisen haben. Sollten sie nichts schießen können, so bringen sie Pflanzen, Kräuter oder ähnliches mit, was beispielsweise zur Herstellung von Medizin zu gebrauchen ist. Das Fleisch, was die anderen Dorfbewohner und Gruppenmitglieder gejagt haben, wird im Dorf aufgeteilt, sodass auch die Fleisch bekommen, die nichts geschossen haben. Die Kayapó essen hauptsächlich fettiges Fleisch, wie beispielsweise das des Tapirs. Sie essen auch Jaguar und andere Wildkatzen, welche aber nicht direkt gejagt werden.

Gefischt wird ebenfalls das ganze Jahr über. Allerdings hauptsächlich in der Trockenzeit, da man dann den größten Ertrag hat, weil die Pegelstände der Flüsse so niedrig sind und man bei niedrigem Wasserstand besser fischen kann.
Was die Arbeit der Frauen angeht, so bezieht sich diese ausschließlich auf das Feld und den Anbau von Kartoffeln und Maniok. Des Weiteren kümmern sie sich um den Haushalt, die Erziehung der Kinder, sowie das Sammeln von Früchten und Feuerholz.

Die Kayapó sind ein monogames Volk. Nach der Hochzeit zieht der Mann in das Haus der Frau, die erst aus dem Elternhaus auszieht, wenn dort mehr als 40 Personen wohnen. Charakteristisch für das Dorf der Kayapó ist ein zentraler Platz, um den alle Häuser kreisförmig angeordnet sind. Auf diesem zentralen Platz befindet sich das „Männerhaus“, in dem sich die verschiedenen politischen Vereinigungen treffen und ihre täglichen Sitzungen abhalten.

Zur politischen Organisation der Kayapó ist zu sagen, dass es keinen Chef oder Häuptling gibt, der die ganze Gruppe der Kayapó regiert oder ihr übersteht. Die Kayapó gliedern sich in viele Kleingruppen, die jeweils einen Mann zu ihrem Anführer und Vorsteher machen. Dieser „regiert“ die Gruppe, was bedeutet er repräsentiert und vertritt die Gruppe bei den Treffen im „Männerhaus“ und bildet das Bindeglied zwischen Gruppe und politischen Anführern.

Um ein solcher Chef zu werden, wird man schon von Kindesbeinen an vom amtierenden Anführer seiner Gruppe gelehrt. Ein späterer Gruppenanführer, im folgenden „Chef“ genannt, muss alle Lieder und Erzählungen der Kayapó auswendig können und sie bei Ritualen, Tänzen und anderen Zeremonien vortragen. Die Kayapó sind berühmt für eine Vielzahl an traditionellen Erzählungen und Mythen, die hauptsächlich darauf aus sind, vor Katastrophen und Gefahren zu schützen du zu bewahren.

Von einem Chef ihrer Gruppe erwarten die Kayapó, dass er des weiteren in der Lage ist, seinen eigenen Willen gegenüber dem der Gruppe, beziehungsweise der Gruppenmehrheit zurückzustecken und deren Ziele zu verfolgen. Außerdem benötigt er zwei weitere wesentliche Merkmale, die auf den ersten Blick widersprüchlich sind. Zum einen wird von ihm Kampfeslust verlangt, wenn es darauf ankommt seine Ziele u verwirklichen und die Gruppe zu verteidigen. Zum anderen fordert die Gruppe aber auch Redegewandheit von ihrem Anführer, sodass er, wenn es darauf ankommt auch schlichten und versöhnen kann; wenn er davon überzeugt ist, dass es besser ist als eine kriegerische Auseinandersetzung.

Ist es an der Zeit, dass ein alter Chef durch einen jüngeren ersetzt werden soll, geschieht dies nicht durch eine Wahl unter den Gruppenmitgliedern, sondern durch eine Abstimmung unter den Mitgliedern der politischen Vertretung des „Männerhauses“. Dabei hat der noch amtierende Chef allerdings immer noch das letzte Wort und kann ein Veto einlegen, wenn er anderer Meinung ist.

Ein Kayapó-Chef sorgt im Wesentlichen aber für Ruhe und ein friedliches Zusammenleben innerhalb der Gruppe. „Moreover, chiefs must take care that individual disputes do not generate into quarrels between factions, which would put at risk the unity of the society as a whole. Individual disputes are not tolerated in the men´s house, since the centre of the Kayapó village is the place for the group´s public activities and not the space where individual problems are regulated: these are usually in the family environment. […] Nonetheless, chiefs from different associations must avoid such involvements wherever possible and seek mutual understanding The final process of designating a new chief comprises precisely such a promotion of consensus.” (http://www.socioambiental.org/pib/epienglish/kayapo/organizapoli.shtm 24.03.2007).

Rituale und Glauben

Die Kayapó sind ein indigenes Volk bei denen Rituale und ein fester Glauben eine große Rolle spielen. Insgesamt gibt es eine Vielzahl von Ritualen, die man im Wesentlichen in drei verschiedene Gruppen einteilen kann. Es sind Namensgebungsrituale, Jagdrituale und Lebensrituale.

Das Ritual der Namensgebung ist dabei extrem wichtig, weil es für das weitere Leben von großer Bedeutung ist. Ein Baby bekommt nach seiner Geburt zunächst einen normalen Vornamen, sowie bis zu zwölf so genannte „schöne“ Namen. Diese werden, jeweils begleitet von einer rituellen Zeremonie mit Tänzen und Gesängen, zwischen dem zweiten und achten Lebensjahr des Kindes eingeführt. Bei diesen Namensgebungsritualen werden immer mehrere Kinder gleichzeitig geehrt und somit zusammengeführt. Die Kayapó wollen so unter den an ein und derselben Zeremonie beteiligten Kindern eine Beziehung erschaffen, die für ihr weiteres Leben einen Zusammenhalt darstellen soll. Diese Kinder sollen durch diese Zeremonien ein Leben lang einander verbunden sein und sich in schwierigen Situationen helfen. Die Jagdrituale beziehen sich, wie der Name schon sagt, auf die Jagd. Die Lebensrituale, auch rites of passage oder rites de passage genannt, bezeichnen alle Rituale sukzessive im Lebenslauf. Sie werden zu bestimmten Zeiten, beispielsweise zu Mond- oder Sonnenfinsternis, abgehalten oder wenn ein Mitglied in eine weitere Phase seines Lebens eintritt, einen neuen Lebensabschnitt beginnt.

Die Kayapó glaube, dass der Geist der Toten in einem Dorf in den Bergen weiterlebt. Sowieso hat der Geisterglaube eine lange Tradition bei den Kayapó. Aus diesem Grund hüllen sich Frauen, wenn sie zur Arbeit aufs Feld gehen, in Rauchschwaden. Weil Geister sich vor Rauch fürchten, müssen die Frauen so keine Angst haben, dass die Geister der Toten ihnen ins Dorf zurück folgen.

Der Leichnam eines toten Kayapó wird immer sitzend begraben. Dabei wird sein Kopf mit Blick Richtung Osten gedreht. Außerdem wird er mit seinen persönlichen Gegenständen trapiert, so dass er diese, dem Glauben der Kayapó nach, mit in das Dorf in den Bergen nehmen kann.

Außerdem spielt im Glauben der Kayapó Blut eine sehr große Rolle. Die Kayapó fürchten sich vor Blut, weil sie die Auswirkungen von zuviel Blut ebenso fürchten, wie die Auswirkungen von zu wenig Blut im menschlichen Körper. Sie wissen, dass Blutmangel den menschlichen Körper schwächt, während ein Übermaß an Blut zu Trägheit führt. Sollte einer der Älteren bei einem der Jüngeren zuviel Blut im Körper vermute, da dieser sich zu träge verhält, so wird er ihm den Oberschenkel aufschneiden, damit der Blutverlust die Trägheit aufhebt. Auch der Kontakt mit fremdem Blut wird gefürchtet. Da bei kriegerischen Auseinandersetzungen und beim Jagen, aber immer wieder fremdes Blut den eigenen Körper berührt, wird sich nach jedem Kontakt mit fremdem Blut gewaschen. Die Männer tätowieren sich außerdem die Stellen ihres Körpers, der damit befleckt wurde, weil sie dadurch das gegnerische Blut unschädlich zu machen versuchen.

Der Widerstand: Ziele und Strategien

Im Jahr 1989 sind die Pläne für ein Staudammprojekt im Amazonas-Regenwald so weit vorgedrungen, dass ein massiver Protest der betroffenen indigenen Gruppen notwendig geworden ist. Es geht um ein Staudamm-Projekt im Tal des Xingu-Flusses, dass mit Hilfe einer Finanzspritze der Weltbank hätte gebaut werden sollen. Der Bau dieses Staudammes hätte 3000 Menschen, die entlang des Xingu-Flusses leben, ihre Existenz genommen und über 1600 Quadratkilometer Land überflutet, wovon 85% das Land indigener Volksgruppen gewesen wäre. Es wäre der weltgrößte, von Menschen angelegte See der Erde gewesen.

Um gegen diesen geplanten Staudamm und seine Errichtung vorzugehen, hielten die Kayapó ein riesiges Treffen in Altamira ab, einer Stadt südlich des Xingu-Flusses. An diesem Treffen nahmen 600 Kayapó, sowie 40 weitere indigene Volksgruppen Amazoniens teil. Außerdem anwesend waren Pressevertreter und Nicht-Regierungs-Organisationen aus der ganzen Welt, die dem Protest gebührend Öffentlichkeit gaben, um erfolgreich zu sein. Eigens für den Protest wurde in Altamira ein ganzes Kayapó-Dorf aufgebaut und alle teilnehmenden Kayapó trugen ihre traditionelle Kleidung und zeigten den Medienvertretern ihren Alltag, um so der Öffentlichkeit ihre Kultur und ihre Lebensweise darzulegen. Schon damals waren sich die Kayapó der Wirksamkeit der Medien bewusst. Darauf geh ich im dritten Teil der Hausarbeit aber noch einmal näher ein. Aufgrund der weltweiten Medienresonanz konnten auch berühmte Persönlichkeiten, wie die Musiker Bruce Springsteen und Sting zu Protest bewogen werden. Des Weiteren entsandte man einige Kayapó-Führer zu Touren durch Amerika, Europa und Asien, die ebenfalls auf ihren Kampf gegen das Staudamm-Projekt aufmerksam machen sollten.

Letzten Endes konnte durch diesen Protest und den Druck der Medien die Weltbank dazu bewogen werden, ihre für das Projekt zugesagte Finanzspritze, zurück zu ziehen. Das hatte zu Folgen, das die Finanzierung des Dammes für die brasilianische Regierung und die Betreiberfirma Electronorte nicht mehr finanzierbar war.

Wichtigster Mann des Protestes von 1989 war Chief Raoni, damaliger Anführer der für den Altamira-Protest verantwortlichen Kayapó. Er entschied sich damals für den friedlichen Protest, anstatt es auf eine gewaltsame Auseinandersetzung ankommen zu lassen und hatte schließlich damit auch Erfolg.

14 Jahre später, im Jahre 2003, kamen neue Projekte der brasilianischen Regierung an die Öffentlichkeit, die vorsahen insgesamt fünf große Staudämme entlang des Xingu-Flusses zu errichten. Einer dieser Dämme wäre dabei der drittgrößte Damm der Welt. Außerdem sahen die Pläne vor, das ein Kanalsystem errichten werden solle, zur Entlastung des Dammes, welches das größte Kanal-Projekt seit dem Bau des Panama-Kanals wäre. Die Finanzierung des Projektes liegt dabei wieder bei der Betreiberfirma Electronorte, sowie bei der Nationalen Brasilianischen Entwicklungs-Bank.

Im November 2003 versammeln sich im brasilianischen Piara?u 100 Delegierte von 28 indigenen Volksgruppen, um einen Plan zu entwickeln, wie man sein angestammtes Territorium verteidigen kann. Weitere Treffen gab es in den Jahren 2004 und 2006. Hauptsächlich richtet sich der Protest gegen die Regierung und die Elektrizitätsfirma Electronorte, die die Kayapó und die anderen betroffenen Volksgruppen nicht über die Pläne unterrichteten. Eine Konsultierung der betroffenen Gemeinden ist aber nach dem brasilianischen Gesetz notwendig, demnach läge in diesem Fall eine Gesetzwidrigkeit seitens der Regierung vor.

„Nun, da sie vor einer ähnlichen Situation stehen, bauen die Kayapó lokale und regionale Netzwerke auf. Der Organisator des Treffens, Megaron Tyukarramae, sagte: „Wir rufen alle Bewohner des Xingu Tales auf, sich der großen Demonstration in Altamira gegen den Belog Monte Damm und die anderen Dämme, die Electronorte im ganzen Tal bauen will, anzuschließen und sich für den Schutz und die Entwicklung unserer eigenen produktiven Kräfte, unserer Kulturen und Gemeinschaften einzusetzen“ (http://survival-international.de/news.php?id=1636 09.01.2007).

Das Treffen im Jahr 2006 in Piara?u beinhaltete drei Hauptthemen, für die die Anwesenden kämpften. Insgesamt nahmen 19 der 21 Kayapó-Gemeinden mit um die 200 Repräsentanten an diesem Treffen teil. Primär wurde gegen den Bau der Staudämme im Xingu-Tal demonstriert, wobei den Verantwortlichen dieses Bauvorhabens seitens der Kayapó auch mit kriegerischen Auseinandersetzungen gedroht wurde. Ein Bau dieser Dämme würde einen Großteil des indigenen Territoriums überfluten und eine immense Auswirkung auf das gesamte Ökosystem dieser Region haben, so die Argumente der Kayapó. Des Weiteren richtete sich der Zorn, wie schon angesprochen, sowohl gegen die Firma Electronorte, als auch gegen Präsident Lula da Silva, die erst sehr spät und dann nur unzureichend über die Pläne informierte.

„ Zusätzlich zu ihrer kompromisslosen Opposition gegenüber den Dämmen verurteilten die Repräsentanten der Gemeinden am Xingu auch die zunehmende Verunreinigung des Flusses durch landwirtschaftliche Aktivitäten wie den Massenanbau von Soja und intensive Rinderzucht in unmittelbarer Nähe des Flusses. Sie forderten, dass der Staat diese Aktivitäten reguliert, um die Zerstörung des Ökosystems zu stoppen“ (http://www.survival-international.org/?default_lang_code=de_deu 24.03.2007).

Ein weiteres Thema, dass die Kayapó bei diesem Treffen ansprachen, war die Unsicherheit der Grenzen ihrer Territorien. Zwar hat der brasilianische Staat die Kayapó-Territorien rechtlich als Reservate anerkannt, dennoch werden sie nicht geschützt. Stattdessen dringen immer wieder Menschen in diese Gebiete ein. Die Kayapó fordern einerseits mehr Schutz durch die Regierungsorgane, wie beispielsweise durch die FUNAI (Fundacao Nacional do Indio), der Nationalen Vereinigung zum Schutz indigener Völker, andererseits leiteten die Kayapó selbst Maßnahmen zum Schutz des Territoriums ein. So wurden Grenzposten entlang der Grenzen eingesetzt, die ihren Teil des Reservatgebiets schützen sollen.

Zu guter Letzt gab es ein drittes Thema, bei dem es um Werbung für Projekte zur gemeinschaftlichen Produktion von Waldprodukten ging. „Durch diese Projekte wird versucht, unnachhaltige Aktivitäten wie Holzfällung und Goldgewinnung durch nachhaltige Produktion als Einkommensquelle für Gemeinden zu nutzen“ (http://www.survival-international.org/?default_lang_code=de_deu 24.03.2007).

Soweit ist der aktuelle Stand des Protestes, bislang wurde der Bau weder begonnen, noch wurden die Pläne begraben.
Im dritten und letzten Teil möchte ich nun darstellen, wie die Kayapó in den Fokus der Medien rückten und wie sie diese zur Erreichung ihrer Ziele nutzen und in der Vergangenheit nutzten.

Erste mediale Kontakte und Einsatz der Medien

Im Jahr 1985 besucht eine Gruppe brasilianischer Ethnologen und Dokumentarfilmer unter der Leitung von Monica Feitosa und Renato Pereira die Kayapó-Gruppe der Gorotire. Bei diesem Besuch werden zwei Kayapó-Mitgliedern, einem Mädchen aus der Gorotire-Gruppe und einem jungen Mann aus der Metuktire-Gruppe, der Umgang und die Handhabung mit zwei Videokameras beigebracht. Die Fähigkeiten, die sie dabei erlernten, gaben sie auch an andere Gruppenmitglieder weiter, so dass Mitte der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts bereits mehrere Kayapó mit einer Videokamera vertraut waren.

Im Verlauf seiner Dokumentationsfilme über die Kayapó in den Jahren 1987 und 1989 trifft der britische Dokumentarfilmer und Journalist Terence Turner auf die Kayapó und lernt sie kennen, wie sie bereits den Umgang mit Videokameras beherrschen und so filmt er nicht nur alleine den Tagesablauf der Kayapó, sondern filmt mit ihnen zusammen. In Gesprächen unter anderem mit einem der wichtigsten Führer, Payakan von der A´ukre-Gruppe, erfährt Turner die Intention der Kayapó, warum sie sich an den Filmbeiträgen und der Dokumentation beteiligen: „They spoke to me of their interests in making videos of their own culture, and had already begun to record ceremonies, speeches by communal leaders, visits to other Kayapo communities and assorted confrontations with Brazilians. One of the most important and thoughtful leaders, Payakan of A´ukre, spoke with me of his vision of compiling a comprehensive video archive of Kayapo culture, including ceremonies, oral history, ecological knowledge, and mythology, recounted by old people, whose knowledge might soon be lost” (http://www.anthro.umontreal.ca/varia/beaudetf/Media_Autochtones/6-kayapo/kayapo.html#anchor1068524 22.03.2007 ).

Man sieht, dass die Kayapó schon zu diesem frühen Zeitpunkt im Umgang mit einem Kommunikationsmedium erkannten, welchen Nutzen diesen beizumessen ist. Sie verschlossen sich nicht der modernen Technik, sondern wollten selbst zu ihrem Nutzen ein Videoarchiv aufbauen, das nachfolgenden Generationen die Geschichten, Mythen und zu erlernenden Dinge erhält, die von aussterbenden Generationen dann nicht mehr weitergegeben werden könnten.
Terence Turner begann schon im Jahre 1982 mit Dokumentationen über das eigenwillige Volk der Kayapó für den britischen Fernsehsender BBC. Damals noch als begleitender Anthropologe.

Wichtigstes Ereignis der Kayapó im Bezug auf die Medien war natürlich der Protest gegen den Bau eines Staudammes im Amazonas-Regenwald in Altamira 1989, wie in Punkt 2.2. ausführlich erläutert. Dies war der erste weltweite, öffentliche Medienauftritt des Kayapó-Stammes. Und die Kayapó wussten, wie sie die mediale Aufmerksamkeit für ihre Ziele nutzen konnten. Die Errichtung eines Nachbaus eines Kayapó-Dorfes, sowie der Auftritt in traditionellen Gewändern gaben der Öffentlichkeit sofort einen Eindruck dieses indigenenVolkes und den Kayapó selbst ein Gesicht.

Turner beschreibt es so: „In addition to the uses of video selfdocumentation for education and as a repository of cultural knowledge against losses from death or acculturation, many Kayapo see video as a means o reaching out to non-Kayapo, presenting their culture and way of life in a form that others can understand, respect and support. They see this as an essential part of their struggle to sustain and defend their society and environment. The Kayapo goals of selfeducation and self-representation, to outsiders, required a degree of selfobjectification and analysis of their own culture “ (http://www.anthro.umontreal.ca/varia/beaudetf/
Media_Autochtones/6-kayapo/kayapo.html#anchor1068524 22.03.2007).

Mittlerweile sind die Kayapó so weit im Umgang mit diesen Medien vertraut, dass sie gar einen eigenen Fernsehsender betreiben. Dieser trägt den Namen „aldeia virtual“, was so viel bedeutet wie „virtuelles Dorf“.

Die nächste Stufe der Kommunikationsmedien ist dann das Internet und auch das wird für die Kayapó bald zur Realität. Aktivisten des „Comité para Democratizacao da Informática“ installieren derzeit solarbetriebene Computer und Satellitenantennen in vielen abgelegen Gebieten des Amazonas-Regenwaldes. Dies wird den Kayapó und anderen indigenen Volksgruppen Nordbrasiliens die Möglichkeit geben, auch das Internet kennen zu lernen und damit auch die Darstellungsmöglichkeiten dieses Kommunikationsmediums.

Die Zusammenarbeit mit Sänger Sting

Dass die Kayapó mediale Aufmerksamkeit in den Achtziger Jahren erlangten, wurde im vorangehenden Kapitel beschrieben. Auch, wie sie die Wirksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit für ihre Belange einzusetzen wussten. Doch nicht nur die Dokumentationsfilme von Terence Turner vermittelten der Weltöffentlichkeit ein Bild der Kayapó-Indianer, sondern auch die Zusammenarbeit mit berühmten Persönlichkeiten der Musikbranche.

Herauszuheben ist dabei die Zusammenarbeit der Kayapó mit dem britischen Sänger Sting alias Gordon Matthew Sumner, der die Kayapó und allen voran Kayapó-Häuptling Raoni 1987 kennen lernte und in Folge dieses Treffens die Weltöffentlichkeit weiter auf die Belange und Probleme der Indios aufmerksam machte.

Im Dezember 1987 spielte Sting in Rio de Janeiro ein Konzert vor 200.000 Menschen. Ein Tag nach diesem Konzert trifft Sting den belgischen Filmemacher Jean-Pierre Dutilleux, der seinerseits bekannt wurde, durch eine Film, den er über den Kayapó-Häuptling Raoni drehte. Dieser brachte ihm sogar eine Oscar-Nominierung ein.

Jean-Pierre Dutilleux bietet Sting an, ihn auf eine Expedition zu den Kayapó an den Xingu-Fluss zu begleiten und ebenfalls die Bekanntschaft Raonis zu machen. Der möchte ebenfalls den Sänger kennen lernen, zumal er erfahren hatte, dass Sting ein bekannter Musiker ist, der vor 200.000 Menschen ein Konzert gespielt hat. Raoni weiß um die Bedeutung für die Kayapó, wenn sich eine Berühmtheit für ein indigenes Volk oder auch eine andere Sache einsetzt und die Aufmerksamkeit auf sie lenkt.

Über den Besuch bei den Kayapó schreibt Sting später ein Buch zusammen mit Jean-Pierre Dutilleux. Es heißt „Der Kampf um den Regenwald“. Darin berichtet Sting von dem Treffen mit Raoni: „[Oben am Flußufer steht ein großgewachsener Mann mit schulterlangen Haaren, zeremoniellen Perlen und Levi´s-Jeans. Zwischen Kinn und Mund hat er in der Unterlippe eine große runde Holzplatte. Er erfaßt die Situation richtig und pinkelt von seinem Standort oben aus großer Höhe in den Fluß hinunter, während er uns mit seiner freien Hand zuwinkt. Er ist eine imposante Gestalt; ein Kayapo-Häuptling, ein großer, berühmter Krieger. Wirschlüpfen vor der Audienz mit dem bedeutenden Mann hastig in unsere Kleider.]“ (Dutilleux & Sting 1989:35).

Sting ist beeindruckt von dem Krieger Raoni und ist bereit, sich für die Kayapó, den Erhalt des Regenwaldes und die Rechte indigener Völker einzusetzen. In ernsten Gesprächen macht Raoni ihm klar, worum es für sein Volk geht. „[Wir wollen nichts von den Weißen. Sie haben uns nur Tod, Krankheit und Mord gebracht. Sie haben uns unserem Wald gestohlen und zerstört und wollen auch noch den Rest vernichten. Wir aber wollen nur in Ruhe gelassen werden, um so friedlich wie unsere Ahnen zu leben. Wir wollen den Wald unseren Kindern weitervererben. Wir Indios wollen auch keine Blutvermischung mit den Weißen, und wir wollen nicht in euren Städten leben. Wir wollen hier bleiben. Das ist unser Recht. Und jett sage du uns, was du davon hälst.]“ (Dutilleux & Sting 1989:69). Darauf erwiderte Sting: „[Ich bin kein Politiker. Ich bin nur ein Sänger. Aber viele Leute hören mir zu. Ich verspreche dir, daß ich tun will, was ich nur kann, um in deinem Namen zu reden. Ich werde allen, die ich erreichen kann, eure Geschichte erzählen, weil ihr noch die einzigen Beschützer des Waldes seid.]“ (Dutilleux & Sting 1989:69).

Im Folgenden setzte sich Sting dafür ein, besuchte die Kayapó regelmäßig und trat häufig mit Raoni auf. So beispielsweise auch bei der Erföffnung der Amnesty International World Tour in Sao Paulo.

Fazit

Meine Arbeit möchte ich abschließen mit einem kurzen Fazit. Zunächst einmal ist es schwer Quellen zu finden, die über die Kayapó und ihre mediale Arbeit berichten. Dennoch habe ich versucht, darzustellen, wie die Kayapó einerseits leben und wofür sie kämpfen und andererseits, wie sie dies mit Hilfe und dem Einsatz der Medien schaffen. Der Kampf der Kayapó geht weite und ist nie abgeschlossen, solange der Regenwald weiter zerstört wird und die Kayapó und alle anderen indigenen Völker in Ruhe gelassen werden.

Quellen- und Literaturverzeichnis:

DUTILLEUX, JEAN-PIERRE & STING 1989: Der Kampf um den Regenwald. München: Goldmann.

http://www.fsc-deutschland.de/newsletter/125/855/ 30.03.2007

http://www.sil.org/americas/brasil/LangPage/EnglKPPg.htm 30.03.2007

http://en.wikipedia.org/wiki/Kayapo 30.03.2007

http://indian-cultures.com/Cultures/kayapo.html 30.03.2007

http://www.survival-international.org/?default_lang_code=de_deu 30.03.2007

http://www.vanderbilt.edu/AnS/Anthro/Anth210/kayapo.htm 30.03.2007

http://www.actionbioscience.org/environment/goodale.html 30.03.2007

http://www.amazonas.de/amazonas/indianer_tvsender.html 30.03.2007

http://www.tropenwaldnetzwerk-brasilien.de/themen/indigene/voelker/index.html 30.03.2007

http://www.socioambiental.org/pib/epienglish/kayapo/kayapo.shtm 30.03.2007

http://www.ethnologie.lmu.de/downloads/2-Einf-vorlsg.pdf 14.01.2007

http://gerdilger.sites.uol.com.br/Aktionstag.pdf 30.03.2007

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