Geschichte
Bereits im 2. Jahrtausend v. Chr. wird Palmyra in assyrischen Dokumenten erwähnt. Bekannt war die Stadt unter dem Namen Tadmor. Bis zum 11. Jahrhundert v. Chr. finden sich weitere Zeugnisse über die syrische Stadt. Aus unbekannten Gründen verschwindet die Stadt aus der Geschichte. Erst mit dem Beginn der Seleukidenzeit taucht die Stadt wieder in den Quellen auf.
Palmyra entwickelte sich in den Jahrhunderten zu einer wohlhabenden Handelsstadt. Ihre Kaufleute waren auf den Handelswegen zwischen dem Orient und dem Mittelmeer häufig anzutreffen. Nachdem Syrien im Jahr 64 v. Chr. zur römischen Provinz geworden war, fand Palmyra zunächst noch keine große Aufmerksamkeit Roms.
Erst 41 v. Chr. fiel die wohlhabende Stadt den Römern auf. Nach der Niederlage bei Philippi schickte Antonius seine Soldaten nach Palmyra, um die Stadt zu plündern. Doch die Palmyrener zogen mit ihren Schätzen über den Euphrat, und Roms Legionäre gingen leer aus.
Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wuchs die politische und wirtschaftliche Bedeutung Syriens im Römischen Reich. Palmyra verlor zunächst seine Selbständigkeit und wurde Rom gegenüber tributpflichtig.
Palmyra hatte auch eine strategische Bedeutung für das Römische Reich. Weil es an der Grenze zum Parther-Reich lag, wurden in der Stadt römische Truppen stationiert. Die Stadt stellte dafür auch eigene Truppen zur Verfügung.
Kaiser Trajan weitete das Reich zunächst bis zum Persischen Golf aus. Während dieses Feldzugs besiegte er auch die Nabatäer, die südlich von Palmyra lebten. Die Nabatäer kontrollierten mehrere Karawanenwege, die aus dem Orient zum Mittelmeer führten. Die Zerschlagung des Nabatäer-Reiches hatte aber zur Folge, dass die Karawanen sich jetzt einen anderen Weg suchen mussten. Neues Ziel der Händler war jetzt Palmyra. Innerhalb kurzer Zeit sollte sich Palmyra zum wichtigsten Handelszentrum in dieser Region werden. Kaiser Hadrian ehrte Palmyra dadurch, dass er sie zur Freien Stadt ernannte.
Palmyras wirtschaftlicher Aufschwung wurde mit dem Beginn der Völkerwanderung abgebremst. Die vordringen Germanen bedrohten Rom und der Zerfall des Reiches begann. Rivalisierende Kaiser kämpften gegeneinander und die Wirtschaft geriet dadurch in Schwierigkeiten. Darunter litt auch der Handel zwischen dem Mittelmeerraum und dem Orient. Ab 161 erreichten für Jahrzehnte keine Karawanen mehr Palmyra.
Der Aufschwung begann erst wieder mit den Auseinandersetzungen zwischen Rom und den Sassaniden. Palmyra hatte bereits in den vergangenen knapp 200 Jahren Rom Truppen zur Verfügung gestellt, und jetzt erhielt ein Fürst der Stadt das Kommando über die römischen Truppen in Syrien. Kaiser Gallienus ernannte 262 Odainat zum Feldherrn. Palmyras Machtbereich reichte jetzt von Kilikien bis weit nach Arabien.
Nachdem Odainat einer Verschwörung zum Opfer fiel, übernahm seine Witwe Zenobia als Regentin die Macht in Palmyra. Die machtbewusste Königin marschierte mit ihren Truppen bis nach Kleinasien und Ägypten. Der römische Kaiser nahm die Ausweitung Palmyras zunächst hin, weil er in Kämpfe mit den vordringenden Germanen verwickelt war.
272 schickte Kaiser Aurelian Truppen nach Ägypten und Kleinasien. Inzwischen hatte Zenobia den Titel Augusta angenommen und erhob dadurch Anspruch auf die Herrschaft im Römischen Reich. Nach einem kurzem, blutigen Feldzug eroberten die römischen Truppen Palmyra.
Die vordringenden Sassaniden veränderten die Karawanenwege in der Region und die wirtschaftliche Bedeutung Palmyras nahm ab. Bis 634 war die Stadt eine byzantinische Garnison. Die Palmyrer ergaben sich in diesem Jahr kampflos den Arabern.
Die Bevölkerung Palmyras hatte auch arabische Wurzeln und so war es nicht verwunderlich, dass die Stadt hohes Ansehen bei den neuen Herren genoss. Arabische Schriftsteller mystifizierten Palmyra in ihren Schriften. Die Stadt, deren Gründung auf König Salomo zurückgeführt wurde, verlor in der Zeit der Araberherrschaft aber weiter an wirtschaftlicher Bedeutung.
Nachdem die Mongolen Palmyra 1401 niederbrannten, verschwand die Stadt in der Bedeutungslosigkeit.
Wirtschaft
Es gab verschiedene Handelswege zwischen dem Orient, Ägypten und Europa. Von Ägypten folgten die Karawanen auf dem Landweg dem Küstenverlauf Richtung Syrien. Von hier aus bogen die Händler zum Euphrat ab und gelangten zum Persischen Golf. Der Seehandel zwischen Ägypten und dem Orient folgte der Küste Arabiens.
Bekannt war auch die Seidenstraße in der Antike, die durch Armenien und dem Nordiran zum Kaspischen Meer führte. Die Seidenstraße hatte den Vorteil, dass man nicht mit den arabischen Zwischenhändlern in Kontakt kam. Die Seidenstraße wurde aber ab dem 1. Jahrhundert durch Turkestan gesperrt, womit der Import chinesischer Waren in den Mittelmeerraum unterbunden war.
Palmyra gelang es in hellenistischer Zeit einen weiteren Handelsweg zum Euphrat durch die syrische Wüste bis nach Sura zu etablieren. Die Waren wurden über den Fluss bis in den Hafen Spasinu Charax am Schatt-El-Arab verschifft. Die palmyrenischen Kaufleute zogen nicht nur mit ihren Handelskarawanen über Land, ab dem 2. Jahrhundert fuhren auch eigene Schiffe bis nach Indien.
Nach der Niederlage der Nabatäer wurden die Karawanenwege nach Palmyra verlegt, und der wirtschaftliche Aufschwung Palmyras setzte ein. Die palmyrenischen Handelsherren errichteten in den Ländern, die ihre Karawanen durchzogen zahlreiche Handelskontore und Warenlager. Die Machtstellung der Kaufleute aus Palmyra zeigte sich auch darin, dass sie verantwortliche Positionen in der Verwaltung mesopotamischer Städte übernahmen.
Die Palmyrener sicherten durch eigene Truppen und Diplomatie ihre Handelswege. Wenn die räuberischen Nomaden nicht mit einer palmyrenischen Tributzahlung einverstanden waren, schickte die Stadt Truppen.
Zahlen über die Größe des palmyrenischen Handels sind nicht nachgewiesen. Es gibt nur wenige Zeugnisse, die erahnen lassen, wie umfangreich die Einnahmen der Stadt waren. Die Kaufleute hatten zeitweise großen Anteil am Handel der verschiedenen Produkten. Sie transportierten aus Arabien Myrrhe, Weihrauch und Edelsteine, Perlen aus Persien, Grundstoffe für Parfüms aus Kaschmir, Elfenbein und Pfeffer aus dem heutigen Sri Lanka, Gewürze und Edelsteine aus Indonesien. Aus China kamen Seide und andere Stoffe.
Religion
Die Einwohner Palmyras verehrten unzählige Gottheiten, die bereits ihre Vorfahren mitgebracht hatten. Es gab keine zentrale “Stadtreligion”. Die bedeutendsten Heiligtümer waren Bel, Balschamin und Belhammon geweiht. Schadrafa (Heilgott), Anahita (Fruchtbarkeitsgöttin), Malakbel (Gott des Wachstums in der Natur) und Scham (Sonnengott) wurden ebenfalls angebetet.
Heiligtum des Bel
Die Bauarbeiten für den Tempel begannen im Jahr 17 auf dem Boden eines hellenistischen Tempels. Der Tempelhof war von einer Mauer umgeben, die aber bereits am Ende des ersten Jahrhunderts abgerissen wurde, als der Tempel erweitert wurde. Die neue Mauer mit einer Seitenlänge von 200 Metern umfasste jetzt das quadratische Tempelgebiet.
Vier Eingangshallen (Portiken) erlaubten den Zugang zum Tempelinnern aus jeder Himmelsrichtung. Der westliche Portykus besaß außerdem ein dreitüriges Portal, das über eine Treppe erreicht werden konnte.
Die Tempelmauer umfasst den Hof mit dem Altar, dem Wasserbecken, ein Gebäude und den Bel-Tempel. Die Cella ist von einem Säulengang umgeben. Der rechteckige Tempel wird über eine Treppe betreten. Die Decken der Säulenhalle sind mit Deckenplatten verziert, die religiöse Motive zeigten.
Am Eingang zur Cella stehen zwei Altäre, die die Gottheiten Agli-Bol und Malakbel zeigen. Durch die zweiflügelige Tür betritt man den Tempelraum. Die Balken und der Türrahmen des Tempels sind mit Ornamenten und religiösen Darstellungen verziert.
An den Schmalseiten des Tempels befinden sich Kammern (Thalamos). Die Kammer auf der Nordseite besteht aus einer Kultnische, einer Seitenkammer und einer Treppe zum Dach des Tempels. Vor dem nördlichen Thalamos war eine Treppe, die nicht mehr erhalten ist.
Der südliche Thalamos wird auch durch Stufen erreicht. Links und rechts der Stufen führen Türen zu Treppen, die in das, nicht erhaltene, obere Stockwerk.
Der Tempel des Bel vereint hellenistische und orientalische Elemente geschickt miteinander. So findet man griechische Sachlichkeit neben phantasievoller orientalischer Ornamentik.
Gräber
Die Gräber von Palmyra weisen in ihrer Gestaltung spezifische Eigenarten erkennen. Hier verbanden die Palmyrer keine Elemente aus Ost und West. Die Palmyrener schufen mit ihren Gräbern einen eigenen Beerdigungsstil.
Die Gräber einfacher Bürger wurden durch eine Stele gekennzeichnet. Auf der Stele stand der Name des Verstorbenen bzw. zwei Palmen, die ein Leichentuch einschlossen. Die Gräber lagen außerhalb der Stadt in Nekropolen. Die Friedhöfe grenzten an den Karawanenwege, die Palmyra erreichten.
Westlich der Stadt liegt das Tal der Gräber. Hier stehen auf Anhöhen Turmgräber. Sie dienten den wohlhabenden Bürgern als Begräbnisstätte. Am Sockel der Turmgräber sind kleine Kammern eingebaut, in denen die Toten bestattet wurden. Diese so genannten Loculi waren von außen erreichbar. Sie wurden durch verzierte Grabplatten verschlossen.
Damit noch mehr Tote in einem Turm beigesetzt werden konnten, wurden innen mehrere Grabkammern eingebaut. Die Türme hatten bis zu vier Stockwerke, die über eine Wendeltreppe bzw über ein Treppenhaus zugänglich waren. In den Grabkammern wurden die Verstorbenen in Sarkophagen beigesetzt. Die Wände wurden durch kunstvolle Schriften, Bilder und Reliefs verziert. Damit wurde der Tote und seine Bedeutung in der Gesellschaft gewürdigt. Auch dokumentierten die Türme die Machtstellung der Familie. Es konnten in einem Turm bis zu 200 Verstorbene bestattet werden.
Die Turmgräber erwiesen sich in manchen Fällen für die Familien als zu klein. So wurden unter den Türmen Kellerräume (Hypogäum) ausgehoben. Die unterirdischen Grabkammern erreichte man entweder über das Erdgeschoss bzw. durch eine tieferliegende Außentür. Hinter der Tür führte ein Gang zu einem abgerundeten Raum (exedra). In den Wänden des Ganges wurden Grabnischen eingefügt. Zusätzlich wurden weitere Galerien angebaut, in denen sich Loculi und Sarkophage befanden. Bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts wurden die Turmgräber gebaut.
Weitere unterirdische Gräber wurden in die Hügel gegraben. Diese Felsengräber wurden aber nicht als Familiengruften benutzt. Hier lagen die Toten verschiedener Familien.
Die wohlhabenden Palmyrer bestatteten ihre Toten ab dem 2. Jahrhundert in Tempelgräbern. Die Cella der Tempelgräber waren mit Säulen flankiert und folgten damit den griechisch-römischen Architekturvorstellungen. Auch hier wurden die Toten in loculi und Sarkophagen beigesetzt. Die Tempelgräber hatten ebenfalls unterirdische Grabkammern.
Die Tempelgräber in den Nekropolen hatten unterschiedliche Größen. Ein gut erhaltenes Tempelgrab ist ein quadratisches Gebäude mit einer Seitenlänge von 18 Metern. Es hat neben dem Erdgeschoss noch ein weiteres Stockwerk und ein Terrassendach. In den Wänden dieses Tempelgrabes wechseln sich Loculi und Nischen mit Sarkophagen ab.
Literatur:
Gérard Degeorge: Palmyra
München: Hirmer 2002