Allgemein: Wie kann man bei Dyskalkulie helfen?
Grundlage für eine Dyskalkulie-Therapie (Rechenschwäche) ist eine hinreichend umfassende Diagnose. Beim Therapieverlauf müssen auch eventuelle Begleitstörungen berücksichtigt werden.
Hier zum Artikel über die Grundlagen der Dyskalkulie (Definition + Symptome + Diagnose + Therapie).
Man kann sich den Rechenerwerb als ein Gebäude vorstellen, das auf ein intaktes Konzept- und Prozedurales Wissen beruht sowie mehreren Pfeilern, welche Aufmerksamkeit, das Arbeitsgedächtnis, visuell-räumliche Wahrnehmung und sprachliche Fähigkeiten beinhalten.
Gibt es Störungen in einer dieser Funktionen, sollte man in der Therapie diese Beeinträchtigung zuerst behandeln, damit bei der späteren Therapie der Rechenstörung auf diese Funktionen zurückgegriffen werden kann. Dadurch wird auch ein Therapiestillstand vermieden, der auf das Fehlen dieser Funktionen zurückzuführen ist.
Dyskalkulie-Therapeuten gehen davon aus, dass man Rechnen durch Rechnen lernt. Dabei profitieren Kinder davon, zu wissen, WARUM etwas gerade so gerechnet wird, also warum eine Regel besteht (Konzeptwissen), erst dann WIE es gerechnet wird (Prozedurales Wissen). Die Erklärung muss dabei nicht mathematisch-logisch sein, sondern kindgerecht und sinnstiftend.
Grundsätzlich gilt bei der Dyskalkulie-Therapie das Rechnen nach dem E.I.S.-Prinzip:
- Zunächst mit konkreten Gegenständen.
- Dann mit anschaulichen Bildern.
- Und schließlich mit abstrakten Zahlen.
Dabei sollten die verschiedenen Ebenen miteinander verknüpft werden.
Lautes Mitsprechen der Lösungsschritte (kognitives Modellieren) verfolgt mehrere Ziele:
- Die Denkwege des Kindes nachzuvollziehen.
- Korrekte Rechenprozeduren sicher zu erlernen.
- Gleichzeitige Selbstüberpüfung bzw. Selbstverstärkung.
Die Therapie sollte an der Nullfehler-Grenze liegen. Das Kind sollte also gefordert sein, ohne überfordert zu werden. Dadurch kann das Kind Erfolgserlebnisse erzielen und sein Selbstwertgefühl steigern sowie ungünstige Überzeugungen verändern.
Dyskalkulie Übungen mit Beispielen
Der Umfang und die Therapieschritte sind für jedes Kind individuell zu entscheiden. Möglich sind aber folgende Schritte:
- Förderung von Basiskompetenzen (z.B. Ordnen, Reihenfolgen erkennen, Mengen, Größen und Längen erfassen)
- Vermitteln des semantischen Gehalts von Zahlen, also mengenmäßige Bedeutung (z.B. Mengen-Zahl-Zuordnung, Messen und Ordnen von Alltagsgegenständen, Umgang mit dem Zahlenstrahl)
- Vermitteln von Konzeptwissen (z.B. Was darf ich mit Rechenzeichen tun?)
- Erwerb von Zahlstrategien (z.B. z.B. einer, zweier, dreier Schritte)
- Lernen und Automatisieren der Zahl- bzw. Zehnerzerlegung/ Partnerzahlen
- Rechnen ohne Zehnerüber- bzw. Zehnerunterschreitung Erlernen und Automatisieren (Addition und Subtraktion, erst bis 20, dann bis 100)
- Rechnen mit Zehnerüber- bzw. Zehnerunterschreitung Erlernen und Automatisieren (Addition und Subtraktion, erst bis 20, dan bis 100)
- Rechnen mit Platzhalter- oder Ergänzungsaufgaben
- Erwerb von Multiplikations- und Divisionsfertigkeiten
- Rechnen im Zahlenraum bis 1000
- Schriftliches Rechnen
- Rechnen im Zahlenraum über 1000
Hilfe durch die Eltern
- Sie sollten prüfen, welche Fehler ihr Kind im Rechnen macht, welche Aufgaben noch gut gelöst werden und wie lange sich ihr Kind mit Rechenaufgaben pro Tag beschäftigt.
- Gezielt mathematische Grundlagen üben.
- Nur Wiederholung des aktuellen Stoffs in der Schule ist weniger sinnvoll, da Zusammenhänge nicht hergestellt werden können.
- Außerdem sollten beim Üben bestimmte Prinzipien beachtet werden, z.B. festgelegte Lernzeit und Abmachungen einhalten, Pausen an Wochenenden und Schulferien, Null-Fehlergrenze, positive Rückmeldungen, kindgemäße Erklärungen, Lernen in angenehmer Atmosphäre.
Hilfe durch die Lehrer
- Für die schulische Förderung bestehen in manchen Bundesländern spezielle Förderrichtlinien (z.B. kann eine Notenbefreiung in Mathematik sinnvoll sein, wodurch der Leistungsdruck reduziert wird).
- Schulische Förderung sollte von einer speziell dafür ausgebildeten Lehrkraft erfolgen.
- Dieser sind verschiedene Formen der Förderung möglich: Förderung im Klassenverband, in Kleingruppen oder Einzelförderung.
- Währenddessen sollten Fortschritte dokumentiert und eine detaillierte Fehleranalyse der Rechenleistung erstellt werden.
Hilfe durch die Schüler selbst
- Das Kind muss wahrheitsgemäß und altersangemessen über die Rechenstörung aufgeklärt werden.
- Wissen, dass in jeder Schulklasse ungefähr zwei Kinder davon betroffen sein können.
- Dem Kind muss klar sein, dass es durch diese Beeinträchtigung das Rechnen anders erlernen muss und dafür mehr Zeit braucht.
- Dem Kind wird bestätigt, dass es anders und in kleineren Schritten lernt, aber dennoch nicht dümmer ist als die übrigen Klassenkameraden.
- Ein speziell auf das Kind abgestimmtes Förderprogramm lässt das Kind Erfolge erleben.
- Materielle oder soziale Belohnungen können die Lernmotivation erhöhen.
- Außerdem sollte das Kind auch in anderen Bereichen unterstützt werden, Stärken zu entdecken und zu realisieren (z.B. in Sport).