In diesem Teil der Arbeit sollen einzelne Häfen Großbritanniens kurz charakterisiert und in ihrer Funktion näher erläutert werden. Hierbei findet eine Unterteilung nach verschiedenen Regionen statt, welche es ermöglichen soll die Häfen ihrer speziellen Funktionen nach den einzelnen Regionen besser zuordnen zu können. Zu Beginn werden die Häfen welche der Hafenverwaltung Clyde Port Authority unterstehen behandelt.
Charakterisierung der Seehäfen Großbritanniens - Hafen in England - qayyaq / pixelio.de
Häfen der Clyde Port Authority
Bei den Häfen der Clyde Port Authority handelt es sich um die beiden wichtigsten Häfen an der Westküste Schottlands, Glasgow und Greenock. Im Folgenden soll sich hauptsächlich auf den Hafen Glasgow beschränkt werden, da dieser in einem späteren Teil der Arbeit im Rahmen des Waterfront Development noch einmal exemplarisch herangezogen wird.
Beim Hafen von Glasgow handelt es sich um den größten Hafen Schottlands, welcher von Veränderungen der Weltwirtschaft und des Verkehrs in mehrfacher Hinsicht betroffen ist (vgl. HEECKT 1972, S. 54). So sind die im Zeitraum von 1867 bis 1897 in Betrieb genommenen Hafenbecken nicht mehr dazu in der Lage den Anforderungen der großen Containerschiffe gerecht zu werden. Dies ist vor allem durch die geringe Wassertiefe von maximal 9,75 m bedingt, welche es nur mittelgroßen Schiffen ermöglicht die Liegeplätze zu nutzen. Zudem erschwert die Lage des Hafens, welcher sich 30 km flussaufwärts befindet, das Erreichen mittels ozeangängigen Containerschiffen. Auch die Verdrängung der Kohle durch das Erdöl hatte negative Auswirkungen auf die verkehrswirtschaftliche Lage des Hafens. So betrug die jährlich über Glasgow zu verschiffende Menge Kohle vor dem Ersten Weltkrieg noch 4 Mio. t., im Jahre 1970 hingegen nur noch 27.000 t., was zur Folge hatte, dass die Nutzung des Hafens in Glasgow im Bezug auf Energiegüter zurückging, da das angelieferte Erdöl nun schon direkt an der Clydemündung, am Ölterminal Finnart im Hafen Greenock, abgepumpt werden konnte (vgl. HEECKT 1972, S.54). Daraus resultierte, dass im April 1970 einige Anlagen des Hafens nicht mehr zur Abfertigung von Schiffen genutzt und stillgelegt wurden. Insgesamt ergab sich für die Häfen der Clyde Port Authority im Jahre 1970 ein Gesamtimportvolumen von 11,2 Mio. t., bei einem Exportvolumen von lediglich 1 Mio. t., welches noch vor dem Ersten Weltkrieg alleine durch den Kohletransport um das 4-fache überboten wurde. Da der Großteil der Importe sich auf Erdöl, welches nicht in Glasgow, sondern in Greenock umgeschlagen wird, beschränkt, ist in Glasgow mit weiteren Stilllegungen zu rechnen. Die daraus resultierenden Probleme und mögliche Lösungsansätze werden in einem späteren Teil der Arbeit genauer erläutert.
Seehäfen in der Northern Region
In diesem Teil soll der, an der Wear-Mündung gelegene, Hafen Sunderland genauer vorgestellt werden. Neben den Häfen wie Blyth und Newcastle ist auch dieser Hafen besonders vom Rückgang der Kohleverschiffungen betroffen. Auch beeinträchtigt die natürliche Wassertiefe der Flüsse in dieser Region die Erreichbarkeit der Binnenhäfen, da größere Schiffe nicht in der Lage sind diese zu befahren. Im Bezug auf den Hafen Sunderland ergeben sich jedoch aufgrund der Lage an der Mündung geringere Probleme, da hier relativ günstige Fahrwasservoraussetzungen vorzufinden sind. So ist dieser Hafen auch von größeren Schiffen zu erreichen und bietet eine gute Möglichkeit zum Umschlag von Erdöl, welches mit 321.000 t. den größten Anteil an den empfangenen Gütern darstellt. Sunderland stellt zwar nicht den größten und bedeutendsten Hafen der Region dar, konnte sich jedoch zu einem bedeutenden Schiffbauzentrum entwickeln und verfügt neben Liniendiensten mit europäischen Ländern auch über welche mit Ostafrika (vgl. HEECKT 1972, S. 74 f).
Seehäfen in den Regionen Yorkshire und Humberside
In dieser Region liegen einige bedeutende Häfen, deren Bedeutung aus der guten Erreichbarkeit durch größere Schiffe und dem hochindustrialisierten Hinterland resultiert. Hier soll genauer auf den Hafen Hull eingegangen werden, welcher, obwohl er unter Verkehrsaspekten ungünstiger liegt als Goole, den größten Anteil an den Exporten für sich beanspruchen kann. Im Jahre 1970 nahm Hull unter den britischen Häfen einen der vorderen Plätze im Bezug auf den Wert der umgeschlagenen Güter ein. Insgesamt belief sich der Wert der ein- und ausgeführten Güter auf 800 Mio. £. Darüber hinaus stellte Hull nach London den zweitwichtigsten Hafen für die britische Holzeinfuhr dar (vgl. HEECKT 1972, S. 85). Vor 1972 wurden wegen der Rationalisierung der Hafenwirtschaft in Hull bereits einige Teilhäfen geschlossen, welche den Anforderungen der modernen Verkehrsanforderungen nicht mehr gewachsen waren. Andere Bereiche des Hafengebietes, wie die Salt End Piers, wurden durch neuere Anlagen ersetzt um die größeren Tankschiffe abfertigen zu können. Das erneuerte Hafengebiet wurde zu unterschiedlichen Teilen an Konzerne wie z.B. Shell Mex & B.P. Ltd., Esso Petroleum Co Ltd. und B.P. Chemicals (UK) Ltd. verpachtet. Verbleibende Freiflächen dieses Geländes wurden zur Ansiedlung neuer Industriebetriebe zur Verfügung gestellt. Der wichtigste Teilhafen Hulls, das King George Dock, wurde in den sechziger Jahren grundlegend modernisiert. Neben den schon vorher vorhandenen Trockendocks für Schiffsreparaturen wurden sechs neue Kaischuppen errichtet, die Lagerkapazität der Getreidesilos verdreifacht, zusätzliche Getreideheber installiert und zwei Schiffsliegeplätze für den Roll-On/Roll-Off-Verkehr in Betrieb genommen. Die Kosten dieser Modernisierung beliefen sich auf insgesamt 5 Mio. £. Ein weiterer Ausbau des Queen Elizabeth Docks, im Hinblick auf die Erschließung für Containerschiffe und große Bulkcarrier, verschlang weitere 7 Mio. £. Auch ein speziell zur Abfertigung von Fischereifahrzeugen bestimmtes Dock wurde den Strukturwandlungen des Fischereiwesens angepasst (vgl. HEECKT 1972, S. 86 f).
Im Jahre 1970 beliefen sich die empfangenen Güter Hulls auf ca. 5,4 Mio. t. Und die versendeten Güter auf 1,8 Mio. t. Die Anteilig größte Menge der von Hull exportierten Güter war für Belgien, die BRD, Frankreich und die Niederlande bestimmt. Dies resultiert aus der guten Erreichbarkeit der genannten Länder. Im Bereich der Passagierschifffahrt war in Hull im Jahre 1970 im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 13 % zu verzeichnen.
Seehäfen in den Regionen East Anglia und East Midlands
Die Häfen dieser Region „nehmen eine Mittlerstellung zwischen dem industriellen Kerngebiet der Midlands und den Anrainern der Nord- und der Ostsee ein.“ (HEECKT 1972, S. 94) In diesen Häfen werden hauptsächlich industrielle Fertigwaren umgeschlagen. Insgesamt zeichnet sich diese Region durch ein dichtes Schiffsliniennetz aus, welches von eher kleineren Schiffen bestimmt ist. Somit ist in dieser Region mit Ausnahme von Felixstowe und Harwich keine große Wassertiefe erforderlich. Im Gegensatz zu vielen Häfen dieser Region wird über den Hafen der Stadt Harwich fast ausschließlich Güterverkehr mit dem Ausland abgewickelt. Im Jahre 1970 betrugen die, aus dem Güterverkehr mit dem Ausland, empfangenen Güter über 1 Mio. t. Die exportierten Güter hatten im selben Jahr auch ein Gesamtvolumen von knapp über 1 Mio. t. von denen alleine 945.000 t. industrielle Erzeugnisse waren.
Auch ist hier der Passagierverkehr mit dem Ausland weitaus bedeutender als an anderen Hafenstandorten. Dies hängt auch damit zusammen, dass Harwich Harbour durch den geringen Tidehub und wegen seiner Lage unter allen Wetterbedingungen gut zu erreichen ist. Darüber hinaus verfügt der Parkeston-Kai über einen eigenen Passagierbahnhof. Im Jahre 1971 wurde für den Passagierverkehr mit Hoek van Holland und Ostende ein neuer Terminal fertiggestellt, in dem in einer halben Stunde 1000 Passagiere inklusive Gepäck abgefertigt werden können. Die Passagierströme durch die Verbindung mit Hoek van Holland sollten weiterhin durch eine vorgesehene Zuganbindung des rotterdammer Stadtteils an Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Polen sowie den skandinavischen Ländern verstärkt werden. An einem weiteren Pier des inneren Hafens der Stadt Harwich befand sich der Train Ferry Terminal für den Fährverkehr mit Zeebrügge und Dünkirchen. (vgl. HEECKT 1972, S. 96) Eine weitere wichtige Station für den Passagierverkehr stellt der Terminal der Navyard Wharf dar. Im Jahre 1968 wurden dort 86.500 Passagiere und 11.500 Kraftfahrzeuge im Linienverkehr zwischen Harwich und Bremerhaven befördert. (vgl. HEECKT 1972, S. 96)
Seehäfen in der Region South East
Die Stellung der Häfen in dieser Region ist weitestgehend „dadurch bestimmt, daß die Bevölkerungsagglomeration im Londoner Raum einerseits die Zufuhr umfangreicher Mengen Konsumgüter und zum anderen die Anlieferung von Rohstoffen und Halbfabrikaten für die in diesem Raum angesiedelten Industriebetriebe erforderlich macht.“ (HEECKT 1972, S. 106)
Diese Bevölkerungsdichte und der wachsende Wohlstand der Region hat zweifelsohne auch Auswirkungen auf den Reiseverkehr, welcher über die Häfen dieser Region abgewickelt wird. Weitere Einflüsse auf die Bedeutung dieser Hafenstandorte haben die gute Erreichbarkeit der Hafenplätze an den Ufern der unteren Themse für relativ große Schiffe und die, von Hafenstandorten an der Meeresküste, geringe Entfernung zu den nordwesteuropäischen Kontinentalhäfen (vgl. HEECKT 1972, S. 106). Allerdings stellte die gute Erreichbarkeit diese Häfen auch vor neue Herausforderungen. In London wurden z.B. Dockanlagen, welche nicht für den Verkehr größerer Schiffe geeignet waren, geschlossen. Die Schließungen der Docks sollten, wie an Abbildung 2 zu erkennen, noch bis in die 80er Jahre anhalten.
Abb. 2: Eröffnungs- und Schließungsjahre der Docks in London (Quelle: WEHLING 2007, S. 176)
An anderer Stelle, beispielsweise im Hafenbezirk Tilbury, wurde damit begonnen die vorhandenen Anlagen für den Transfer von Containern und anderen Einheitslasten auszubauen. In der südöstlichen Küstenregion hingegen wurden die Häfen jedoch nicht nur an die aktuellen Anforderungen des Güterverkehrs sondern insbesondere auch an die steigenden Passagierströme angepasst. Hier wäre allem voran Dover zu nennen, da hier speziell Erweiterungen im Roll-On-Roll-Off- Transport stattfanden, welche hauptsächlich dem Transfer von Passagieren dienten (vgl. HEECKT 1972, S. 107).
Von den Docks Londons wurden zahlreiche Linienverbindungen mit Ländern der ganzen Welt unterhalten. Hieraus resultierten die sehr hohen Zahlen des ein- und ausgehenden Schiffverkehrs. So wurden allein die India und Millwall Docks monatlich von ca. 300 ozeangehenden Schiffen und 1.500 Schuten frequentiert, zu denen noch rund 800 Landverkehrsmittel mit Exportgütern hinzukommen (vgl. HEECKT 1972, S. 112). Dementsprechend wurden im Hafen Londons sehr große Gütervolumen umgeschlagen. Im Jahr 1965 betrugen alleine die empfangenen Trockengüter eine Menge von 13,2 Mio. t. Bis zum Jahre 1970 nahm diese Zahl jedoch ab und sank auf 11,8 Mio. t. Dies ist entweder darauf zurückzuführen, dass Teile der Güter mittlerweile, aus Kostengründen, eher in Mündungsnähe der Themse umgeschlagen wurden, oder aber auf die Tatsache, dass einige der Docks nicht in der Lage waren die größeren Schiffe abzufertigen. Die steigenden Kosten des Umschlags in London waren damit verbunden, dass sich die Port of London Authority aufgrund von geringeren Gewinnen dazu veranlasst sah die Hafengebühren zu Beginn des Jahres 1970 um 10 bis 25 % und im September des Jahres um bis zu weitere 15 % anzuheben. Wegen der, zu dieser Zeit, nicht nutzbaren Docks war es der Port of London Authority jedoch nicht möglich Gewinne zu erzielen. Somit wurde beschlossen, die Wirtschaftlichkeit des Hafens mittels weiterer Schließungen zu fördern. Das dieses nicht gelang zeigt auch die Nichtrealisierung des, als Gegenstück zum Rotterdam-Europort, geplanten Superhafen bei Maplin Sands (vgl. HEECKT 1972, S. 118 f).