Im Folgenden sollen einige allgemeine Informationen zu den Häfen Großbritanniens gegeben werden. Hierbei soll sowohl auf den Güterverkehr als auch auf den Personentransport mittels Fährverkehr eingegangen werden.
Der Bereich des Güterverkehrs unterlag im Laufe der Zeit immer wieder größeren Veränderungen. So veränderten sich hier einerseits die transportierten Güter und andererseits die Transportvolumen. Diesen Veränderungen lagen verschiedenste Ursachen zu Grunde. Als Ursachen für die Veränderungen können die Industrialisierung, die Kolonialzeit, die Bevölkerungsentwicklung und politische Faktoren, mit Einfluss auf die Handelsbeziehungen, angesehen werden. Insbesondere hatte der Überseehandel des 18. Jh. großen Einfluss auf die Entwicklung und die Bedeutung der Häfen. Obwohl der Südosten Englands die bevölkerungsreichste und produktivste Region war, spielten viele der dortigen Hafenstandorte im Überseehandel nur eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme stellt hier London dar, dessen Hafen aufgrund des dortigen Schwerpunkts von Bevölkerung, Gewerbe und Handel sehr stark vom Überseehandel profitierte (vgl. WEHLING 2007, S. 174). Später gewannen jedoch auch andere Häfen aufgrund ihrer geographischen Lage und durch in ihrem Hinterland entstandene Industrien an Bedeutung. Zu nennen wäre hier Bristol, welches sich zwar zu einem Konkurrenten Londons entwickelte, jedoch keine ähnliche Monopolstellung an der Westküste einnehmen konnte, wie London sie an der Ostküste hatte. Ein Grund hierfür sind andere Häfen an der Westküste, welche auch Anteile am Überseehandel hatten, wie z.B. Plymouth, Dartmouth und Falmouth (vgl. WEHLING 2007, S. 175). Auch hatten die Häfen dieser Region einen Standortvorteil durch den intensiven Handel mit Irland. Es wurden Agrarprodukte und Leinen importiert und Salz, Kohle, Textilien und Tabak exportiert.
Die schottischen Handelsbeziehungen auf dem Seeweg erstreckten sich aufgrund des Fehlens von exportfähigen Produkten nur sehr selten nach Übersee. Der Schwerpunkt des Handels lag auf Nord-, West- und Südeuropa. Durch den „Act of Union“ im Jahre 1707 und die damit verbundene Vereinigung von England und Schottland beteiligten sich auch die schottischen Häfen an der Westküste am Tabakimport und am Handel mit Irland. Im Vergleich zu England resultierte hieraus eine stärkere Konzentration auf sehr wenige Häfen. Vor allem die am Clyde gelegenen Häfen Glasgow und Greenock wären hier zu nennen (vgl. WEHLING 2007, S. 175). Einhergehend mit dem industriellen Aufschwung gewannen vor allem Bo`ness und Grangemouth für das schottische Kohlenrevier an Bedeutung. Zu dieser zeit wurde auch der von Birmingham bis Bradford reichende Industriegürtel über Flüsse und Kanäle mit dem Hafen von Hull verbunden.
Informationen zum Seeverkehr und Fährverkehr Großbritanniens - britische Fähren und Seefahrt - tokamuwi / pixelio.de
Das Handelsvolumen der transportierten Güter nahm im Zeitraum von 1791 bis 1841 stark zu. Es stieg von 1,5 Mio. t. auf 4,5 Mio. t., konzentrierte sich jedoch nur auf eine kleine Anzahl der Häfen. Dies wird deutlich wenn man vergleicht wie sich die importierten Güter prozentual auf die einzelnen Häfen verteilen. Im Jahre 1841 entfielen 58 % der Importe nach England und Wales auf die Häfen von Liverpool und London und 39 % der Importe nach Schottland auf den Hafen von Glasgow (vgl. WEHLING 2007, S. 175). Diese Konzentration war allerdings auch mit Problemen für die Hafenstandorte verbunden. So führte der Anstieg der Verkehrsmenge und die größer werdenden Schiffe zu Staus, welche den Handel maßgeblich behinderten. Um diese Probleme zu beseitigen, wurden die für den Handel bedeutendsten Häfen um tidenunabhängige Nassdocks erweitert, in welchen die Schiffe be- und entladen werden konnten. Hierbei handelte es sich nicht ausschließlich um die großen Häfen, da auch kleinere Kohlehäfen wie z.B. Kirkcaldy, Newcastle, Sunderland und Middlesbrough um Docks erweitert wurden. Der Grund hierfür ist der Umstand, das Kohle in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zum wesentlichen Exportartikel aufstieg und nach 1880 den Handel Großbritanniens dominierte. Um 1900 lag der Anteil, der von den Kohlehäfen Blythe, Newcastle, Sunderland, Swansea und Newport exportierten Güter bei 46 % des gesamten Exportvolumens (vgl. WEHLING 2007, S. 176). Mit Einzug der Dampfkraft ergab sich die Möglichkeit schnellere Schiffe mit größerem Transportvolumen einzusetzen. So stiegen die Importe im Zeitraum von 1870/74 bis 1910/13 von 17,4 Mio. t. um 157 % auf 44,7 Mio. t. und die Exporte von 18,8 Mio. t. um 228 % auf 61,6 Mio. t (vgl. WEHLING 2007, S. 176). Dies erforderte wiederum eine Erweiterung und einen Ausbau der Häfen und deren Docks. Aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise in der Zwischenkriegszeit und der Substitution der Kohle durch das Erdöl, wurde der britische Außenhandel geschwächt. Viele der traditionellen Kohlehäfen sahen sich gezwungen ihre Docks teilweise zu schließen. Wenngleich der Kohleexport auch zurückging, so stiegen die Exporte in anderen Sektoren weiter an. Hiervon profitierten vor allem Häfen welche über Anlagen für große Schiffe und ein bevölkerungsreiches, wirtschaftlich differenziertes Hinterland verfügten, wie z.B. Manchester, Liverpool, London, Hull und Glasgow (vgl. WEHLING, S. 177). Mit der verstärkten Nutzung des Rohstoffes Öl gingen weitere Effekte für die Hafenstandorte einher. So mussten zwar spezielle Anlandungsmöglichkeiten geschaffen werden, diese mussten jedoch nicht zwingend in einem befestigten Hafen liegen und bedurften keines befestigten Kais. In einigen Häfen, wie z.B. Hull und Liverpool entstanden diese Anlagen noch in Hafennähe, die Ölhäfen Glasgows hingegen lagen in Bowling an der Clyde-Mündung. Teilweise wurden auch nicht ausgelastete Kohleverladedocks in Ölhäfen umgewandelt, welches im walisischen Swansea und schottischen Grangemouth der Fall war.
Einen maßgeblichen Einfluss auf die Organisation der Häfen hatten in den 1950er Jahren drei Entwicklungen welche den Güterverkehr revolutionierten. Diese drei Entwicklungen sind die Einführung der Palette, die Entwicklung des Roll-On/Roll-Off-Verkehrs und der Transport von Stückgut in Containern (vgl. WEHLING, S. 177). Hierdurch wurde der Prozess des Be- und Entladens wesentlich beschleunigt und die Liegezeit der Schiffe verkürzt. Allerdings stellte der Transport mittels Containern, aufgrund der weiter steigenden Schiffsgrößen, weitere Anforderungen an die britischen Häfen. Es wurde ein weiterer Ausbau der Häfen durchgeführt um die effizientere Transportmöglichkeit nutzen zu können. Dies hatte die Folge das zahlreiche nicht ausgebaute Docks in den Häfen brach fielen. Hierzu zählen jedoch nicht nur kleine Häfen, von denen einige sogar ausgebaut wurden, um Containerschiffe aufnehmen zu können, sondern auch Docks der Häfen in Liverpool, Glasgow und London. Da sich Großbritannien zu dieser Zeit sowohl in politischer, als auch wirtschaftlicher Hinsicht immer mehr auf Europa ausrichtete, liegen die modernen Häfen heute alle an der Ost- und Südostküste, welches durch Abbildung 1 (Quelle: WEHLING 2007, S. 178) und der darin verzeichneten Im- und Exporte verdeutlicht wird (vgl. WEHLING, S. 177 f). Im Jahr 2003 beträgt der Gesamtumschlag der britischen Häfen 555,7 Mio. t. (75 % des gesamten britischen Außenhandels) von denen 507,4 t. (91,3 %) auf die 30 größten Häfen entfällt (vgl. WEHLING 2007, S. 178).
Da auch die Fährhäfen eine bedeutende Rolle spielen, werden diese im Folgenden kurz dargestellt. Der regelmäßige Post- und Passagierverkehr zwischen Großbritannien und Irland, Europa sowie Übersee trat in der zweiten Hälfte des 19. Jh. ein. Hier nahmen Dover und Harwich die wichtigsten Rollen im Passagierverkehr zum europäischen Kontinent ein. Bis 1930 bot sich hier zunächst für Eisenbahnzüge und nach 1930 auch für Kraftfahrzeuge die Möglichkeit zum europäischen Festland über zu setzen (vgl. WEHLING 2007, S. 177). Für den Verkehr mit Irland waren die Milford Haven, Holyhead und Portpatrick von großer Bedeutung. Für den interkontinentalen Post- und Personenverkehr spielte Southampton eine äußerst wichtige Rolle. Nachdem dort im Jahre 1842 ein Dock für den Überseeverkehr angelegt wurde, nutzten neben den führenden britischen Schifffahrtslinien auch amerikanische und deutsche Linien diesen Hafen um Überseefahrten anzubieten (vgl. WEHLING 2007, S. 176).
Insgesamt werden jährlich ca. 30 Mio. Passagiere auf den Fährlinien zwischen Großbritannien, Irland und Kontinentaleuropa befördert. Zwischen der Hauptinsel Großbritanniens und den kleineren Inseln (Isle of Wright, Isle of Man, Orkney-Inseln, Shetland-Inseln) werden jährlich zusätzliche 19 Mio. Passagiere befördert. Für die Strecke Dover – Calais entstand mit dem Bau des Channel-Tunnel eine Alternative. Zusammen mit den Angeboten von Billigfluggesellschaften führte dies dazu, dass einige Fährlinien eingestellt wurden. Um konkurrenzfähig zu bleiben handelten die Fährbetreiber indem sie die Fährpreise senkten, größere Fähren einsetzten und eine flexible Fahrplangestaltung einführten (vgl. WEHLING 2007, S.177 f). Die Entwicklung der Fahrgastzahlen in den größten britischen Seehäfen in den Jahren von 2002 bis 2004 lässt sich anhand von Tabelle 1 erkennen. Hier wird deutlich, dass die Zahl der Nutzer des Channel-Tunnels zwar auch zurückgegangen ist, jedoch die Zahl der Passagiere welche Dover verzeichnen kann, im Gegensatz zum Jahr 2002, übersteigt.