Allein für den Tourismus spielen historische Stadt- und Ortskerne eine wesentliche Rolle. In diesen Zentren sind essentielle Teile des historischen, baulichen Erbes in großer Vielfalt konzentriert. Damit werden besonders Städte, die von römischen und mittelalterlichen Elementen profitieren, zu wichtigen Attraktivitätsfaktoren des Tourismus (vgl. Ulbert 2005, S. 5).
Infolgedessen sind vor allem Canterbury, Bath oder York durch ihre noch heute sehr gut erhaltenen Bauten und Strukturen innerhalb des Stadtzentrums, Image- und Werbeträger mit regionaler und häufig auch überregionaler Anziehungskraft. Das einmalige Ambiente wird meist im Rahmen entsprechender touristischer Strategien sinnvoll genutzt, etwa durch interaktive Stadtführungen oder Souvenirshops, die zur positiven Vermarktung der jeweiligen Stadt beitragen soll. Speziell die Baukultur und der denkmalpflegerische Umgang mit diesem Erbe werden erleb- und vermittelbar gemacht. Allerdings gibt es auch immer wieder Spannungen zwischen einem wünschenswertem Erhalt alter Bausubstanz und neuen Nutzungsansprüchen.
Image, Identität und Tourismus in historischen Städten - claudia kottisch / pixelio.de
Dieses Bild ist ein Paradebeispiel für die eben angesprochenen Spannungen alter Bausubstanzen. Außerhalb der Innenstadt gelegen, steht dieses Haus in Canterbury unter Denkmalschutz, darf also nicht abgerissen werden. Somit wird es über eine sehr aufwendige Weise mit etlichen Trägern gestützt und Bedarf einer regelmäßigen Stabilitätskontrolle.
Bekannte Bauwerke als Wahrnehmungseffekt
Image und Infrastruktur können im Prinzip also nur gemeinsam ein Schlüssel zum Erfolg werden und im Endeffekt bekannte Werbeträger und Identifikationsmerkmale einer Stadt bilden. Die Kathedrale von Canterbury etwa zieht allein durch ihren einzigarten geschichtlichen Hintergrund über eine Millionen Besucher im Jahr an. Dasselbe hohe Ansehen genießt die älteste Schule der Welt, die Kings School in Canterbury. Als älteste Schule vertritt sie einen Ruf, der in Literatur und anderen Medien häufig erwähnt wird und Eliteschüler aus dem ganzen Land anzieht. Andere bekannte Tourismusstädte in Europa bedienen sich dergleichen Mittel. So nutzt Trier die Porta Nigra, Köln vermarktet den Dom, daneben tritt Paris mit dem Eifelturm noch eindeutiger in Erscheinung. In diesen Städten sorgt jeweils ein einziges bedeutendes und weit über die Stadtgrenzen hinaus bekanntes Bauwerk zu einem Wahrnehmungseffekt und festigt die Erinnerung an selbige. Derartige Wahrzeichen werden überregional mit der jeweiligen Stadt in Verbindung gebracht und erhöhen den Wiedererkennungswert. Für die historischen Zentren der oben genannten Städte sind die Zeugnisse der vergangenen Epochen heute als Imageträger vornehmlich positiv zu bewerten und in wirtschaftlicher Hinsicht unverzichtbar (vgl. Ulbert 2005, S. 19).
Historischer Stadttourismus
Der Begriff Städtetourismus benennt zunächst nur die Reisedestination und zwar die Stadt. Die Zwecke und Motive, welche hinter dieser Reiseform stehen, sind vielschichtig. Generell fallen unter dieser Form des Tourismus, der reine Stadtbesuch (Sight-Seeing), Veranstaltungsbesuche, privater Einkaufsverkehr und der Einzelgeschäftsreiseverkehr. Der historische Stadttourismus ist zwischen dem eigentlichen Städtetourismus und dem Kulturtourismus einzuordnen. Die kulturellen Angebote einer Stadt, die aus ihren historischen Ereignissen hervorgehen stehen in direkter Verbindung. Das Hauptaugenmerk liegt folglich bei der gut erhaltenen historischen Bausubstanz im Stadt- bzw. Ortskern. Beweggründe zum Besuch dieser Städte können sowohl bildungs-, als auch freizeit- und erholungsorientiert sein. Historischer Stadttourismus gestaltet sich sowohl als Tagesausflugsverkehr, als auch als Wochenend- bzw. Kururlaubsreise und wird oftmals mit anderen Tourismusformen (Wander-, Fahrrad- und Landschaftstourismus) kombiniert (vgl. Ulbert 2005, S. 99f.).
In Canterbury bedient sich die Stadtverwaltung dieser Bausubstanz, um den Tourismus als Hauptwirtschafsfaktor zu fördern. Innerhalb der Domimmunität bzw. Domfreiheit der Kathedrale wurde ein Hotel gebaut, das alte Weberviertel aus dem 16./17. Jh., bestehend aus prächtigen Fachwerkhäusern, dient als Ladenfläche für den Einzelhandel. Ebenso wird versucht durch mehrere Museen und Hinweisschilder, auf die bemerkenswerte Stadtgeschichte aufmerksam zu machen. Das Roman Museum und Canterbury Museum stellen Originalteile der Vergangenheit zur Verfügung, die beispielsweise bei den Ausgrabungen unter dem heutigen Standort des Whitefriars Shopping Centre entdeckt wurden.
Zudem beherbergt die mittelalterliche St. Martins Church die weltweit bekannten „Canterbury Tales“ (Erzählungen aus dem 14. Jh. von Geoffrey Chaucer), welche dort in lebensgroßen Modellen ausgestellt, die niedergeschriebenen Geschichten rekonstruieren. Auf diese Weise liegen die Erzählungen nicht nur brach in einer Vitrine, sondern werden dem Besucher auf originelle Art und Weise dargeboten. Somit werden die Gegebenheiten optimal ausgenutzt, verleihen der Stadt ein romantisches, idyllisches Image und vermittelt Außenstehenden, dass es sich lohnt, der Stadt einen Besuch abzustatten.