Die Archäologen fanden bei ihren Ausgrabungen tausende von Tontafeln aus der Zeit des alten Mesopotamien, die Zeugnis über die Epoche der 1. Dynastie Babylons gaben. Die Zeit vom 19. bis zum 16. Jahrhundert v. Chr. nennen die Historiker Altbabylonisch, nach der Sprache, die in dieser Zeit gesprochen wurde. Sie war eine Form des Akkadischen.
Unter den Tafeln fand man unzählige Briefe, die dem Historiker einen unmittelbaren Einblick in das Leben der Zeit gewährten. Da zu dieser Zeit nur wenige Menschen schreiben konnten, erledigten angesehene Schreiber diese Arbeit. Inwiefern sie die diktierten Texte noch “bearbeitet” hatten ist aber nicht bekannt. Weitere Quellen für die Historiker sind Rechtsurkunden und Wirtschaftstexte. Daneben fand man auch so genannte Omina, die Prophezeiungen enthielten.
Die Urkunden erleichtern den Historikern auch die Datierung von Ereignissen. Die so genannten Jahresformeln auf den Dokumenten bezogen sich auf markante Ereignisse in der Geschichte des Landes, seien es Kriege, die Errichtung von Bauten und Kanälen oder religiöse Feste. Epochen wurden auch nach herausragenden Geschehnissen benannt. Die folgenden wurden dann immer als das Jahr 1,2…nach dem Ereignis gezählt.
Der bekannteste Herrscher dieser Zeit war Hammurabi. Interessant ist aber, dass das Wissen über ihn mit dem Untergang seiner Epoche verloren ging. Die Bibel und auch Herodot wissen nichts über ihn zu berichten. Erst die Ausgrabungen er deutschen Expedition von 1899-1917 brachte den Herrscher wieder ans Licht der Öffentlichkeit. 1901 wurde auch eine Stele gefunden, die mit seiner Gesetzessammlung versehen war.
Die Herrschaft Hammurabis
Babylon war um 2000 v. Chr. eine wenig bedeutende Stadt. Die Amurriter nannten die Stadt Babila, Bab-ilim, aus dem die Griechen dann den Begriff Babylon entwickelten. Der erste König der ersten Dynastie war Sumuabum, der von 1894-1881 v. Chr. regierte. Unter seinen Nachfolgern dehnte sich der Machtbereich der Stadt weiter aus.
Als 1792 v. Chr. Hammurabi zum Herrscher über Babylon wurde, beschränkte sich der Machtbereich auf etwa 80 km im Umkreis. Inwiefern Babylon zu dieser Zeit selbständig war ist ungewiss. Gefundene Dokumente deuten darauf hin, dass die Stadt während der ersten zehn Regierungsjahre unter der Oberhoheit Assyriens stand.
Hammurabi unternahm in den nächsten 20 Jahren keine großen Feldzüge. Im Kampf gegen Nachbarn fand er in der Stadt Mari einen seiner Verbündeten, die ihm mit Truppen öfters aushalf.
Im 30. Jahr kam es zu einer Konfrontation mit Elam, Assyrien, den Gutäern und anderen Ländern. Es gelang den Babyloniern ihren größten Gegner Larsa in Südmesopotamien zu besiegen. Zwei Jahre später folgten Siege im Norden Mesopotamiens.
Das Bündnis mit Mari zerbrach im 34. Regierungsjahr Hammurabis. Der babylonische König herrschte jetzt über das Gebiet am mittleren Euphrat. Ob er größere Teile Assyriens besetzt hatte ist ungewiss.
Nach 43 Jahren hatte er fast ganz Mesopotamien unterworfen. Seinem Reich war aber keine lange Lebensdauer gegönnt. Schon während der Regierungszeit seines Sohnes Samsuiluna (1749-1712 v. Chr.) kam es zu Unruhen in Südmesopotamien, und an den Grenzen erschien ein neues Volk – die Kassiten. Aus westlicher Richtung drangen fast gleichzeitig die Hethiter vor, die sich aber nach anfänglichen Erfolgen wieder zurückzogen. Die Kassiten lösten schließlich die Hammurabi-Dynastie ab. Die altbabylonische Epoche in Mesopotamien endete an diesem Zeitpunkt.
Rechtsprechung
Die Herrscher Altbabylons sahen das bedrohlicher werdende Problem der steigenden Verschuldung von Bauern und Handwerkern. Damit die Funktionsfähigkeit des Staates erhalten blieb, wurden Gesetze erlassen, die diese Missstände bekämpfen sollten. So gab es bei Amtsantritt eines neuen Herrschers oft Schuldenerlasse, um die Bevölkerung günstig zu stimmen.
Erste Gesetzessammlungen
Zu den ersten Gesetzessammlungen gehörte die des König Ur-Nammu aus der Ur-III-Zeit. Die ersten babylonischen Gesetze stammten aus der Zeit des Herrschers Lipit-Ischtar (1934-1924 v. Chr.). Die Gesetze bestanden aus einem Prolog, der den jeweiligen Herrscher lobte und dessen Politik zum Wohlergehen des Landes. Ein Teil dieser Gesetzessammlungen ist erhalten geblieben.
Bekannt sind Bestimmungen zur Schiffsmiete, zur Pacht und familienrechtliche Gesetze. Die “Paragraphen” regelten auch Details des alltäglichen Lebens. So ist eine Bestimmung überliefert worden, die bestimmte, dass derjenige, der einen Baum in einem fremden Garten fällte, eine erhebliche Geldbuße zahlen musste.
Eine weitere babylonische Gesetzessammlung entstand kurz vor der Regierungszeit Hammurabis in der Stadt Eschnunna. Hier wurden Höchstpreise für bestimmte Dinge des täglichen Bedarfs festgesetzt. Damit sollten die steigenden Preise gebremst werden. Diese Gesetze regelten auch Mieten und Löhne, sowie familienrechtliche Angelegenheiten.
Die Begrenzung von Zinsen für Gerste und Silber wurde hier eingeführt, die dann auch Hammurabi in seiner Gesetzessammlung übernahm. Ausserdem wurde die Gerichtsbarkeit geregelt. Prozesse auf Leben und Tod wurden vor dem König verhandelt. Alle anderen Prozesse wurden von den Richtern in Eschnunna verhandelt.
Gesetze Hammurabis
Historiker fanden zum Ende des 19. Jahrhunderts in den Ruinen von Ninive, der ehemaligen Hauptstadt der Assyrer, eine große Tontafel-Bibliothek. Unter den Texten fanden sich auch Abschriften der Gesetze Hammurabis, die über 1000 Jahre hin archiviert bzw. immer wieder kopiert wurden. Einen weiteren Hinweis auf diese Gesetzessammlung fand man 1901-1902 in Susa. Bei Ausgrabungen fand man eine über zwei Meter hohe Stele, auf der die Gesetze eingemeißelt waren.
Der Text umfasst 282 Paragraphen, wobei man darunter keine numerische Aufzählung verstehen darf, wie wir sie heute kennen. Der erste Herausgeber, der die Texte nach dem Auffinden veröffentlichte, hatte die einzelnen Abschnitte, die mit “Wenn…” begannen, einfach durchgezählt. Es wurden auch noch andere Dokumente mit Gesetzen Hammurabis gefunden, so dass die eigentliche Zahl der “Paragraphen” umstritten ist. Ungewiss ist auch, in welchem Regierungsjahr Hammurabis die Gesetze erlassen wurden, einiges deutet darauf hin, das es in seinen letzten Regierungsjahren geschah.
Wie bei älteren Gesetzessammlungen bestand auch dieser Text aus Prolog, Gesetzen und Epilog. Der Prolog würdigte die Leistungen und Wohltaten des Herrschers. Im Epilog wurde auf die Gerechtigkeit des Königs hingewiesen, und er empfahl darin seinen Nachfolgern, diese Gesetze im Sinne Hammurabis zu befolgen. Sollte ein Herrscher diesen Hinweis ignorieren, sollte dieser verflucht sein.
Ob das Werk Hammurabis in der täglichen Rechtspraxis nach seinem Tod angewandt wurde, ist umstritten. Manche Historiker vermuteten, dass die einzelnen Paragrafen eigentlich der täglichen Rechtspraxis entstammten, andere betrachteten den Codex Hammurabi als ein eher theoretisches Werk, das keinen Einzug in die Praxis hatte.
Literatur: Horst Klengel – König Hammurapi und der Alltag Babylons, Artemis 1991