Fleisch-Konsum: Mittelalter bis 19. Jh. in Europa (Geschichte)

Der Genuss von Fleisch war in der zweiten Hälfte des Mittelalters nicht nur den Wohlhabenden vorbehalten. Türmte sich das Fleisch auf den Tischen des Adels, so war auch das Angebot in den europäischen Gasthäusern mehr als reichlich. So servierten die Wirte ihren Gästen Fleischgerichte mit mehreren Gängen. Neben Rind-, Hammel- und Schweinefleisch wurde auch Wildbret angeboten. Das Wildangebot war regional so umfangreich, dass es preiswerter war als das Fleisch vom Schlächter, wie es Urkunden aus dem Sizilien des 15. Jahrhunderts belegen.

Fleisch wurde auch den Handwerkern ausreichend zu ihren Mahlzeiten gereicht und war damit ein Teil der Entlohnung. Preiswertes Schweinefleisch gehörte regelmäßig auf den Speiseplan der ärmeren Bevölkerung.

Um den hohen Fleischbedarf zu decken, entwickelte sich ein reger Viehhandel in Europa. So wurden große Viehherden aus Ungarn, dem Schwarzmeergebiet, der Schweiz und aus Dänemark zu den europäischen Viehmärkten getrieben. Historische Quellen berichten von Herden mit bis zu 20 000 Tieren. Paris war Anfang des 18. Jahrhunderts bekannt als bedeutender Schlachtviehmarkt, auf dem das Fleisch von bis zu 70000 Tieren gehandelt wurde.

Die Fleischpreise begannen ab dem 16. Jahrhundert stark anzusteigen. Das führte zu einem beträchtlichen Rückgang des Fleischkonsums in Europa während der nächsten Jahrhunderte. Die Menschen wichen auf preiswertere Nahrungsmittel aus. Produkte aus Getreide wurden zu Hauptnahrungsmitteln. Gab es im Mittelalter täglich Fleisch, so waren die jetzt glücklich zu schätzen, die sich wenigstens ein Mal pro Woche Fleisch leisten konnten.

Der Verzehr von Fleisch verringerte sich aber nicht flächendeckend. So verbrauchten verschiedene Regionen unterschiedlich viel Fleisch, je nach wirtschaftlicher Situation. Auch verbrauchte eine Stadt mehr Fleisch als die Landbevölkerung. Nördlich der Alpen wurde mehr Fleisch gegessen als in den Mittelmeergebieten. England besaß auf diesem Gebiet eine herausragende Bedeutung, denn seit dem 18. Jahrhundert wurde dort überdurchschnittlich Fleisch gegessen.

Zahlen aus Deutschland belegen, dass um 1800 der durchschnittliche Fleischverbrauch auf 20 kg pro Person abgesunken war. Im Mittelalter lag der Durchschnittsverbrauch bei 100 kg.

Der zurückgehende Fleischverbrauch sorgte auch für den Rückgang von Viehweideflächen in Europa. Die Bauern bauten stattdessen mehr Getreide an.

Das haltbare Pökelfleisch entwickelte sich mit der Ausweitung der Handelsschifffahrt und der Kriegsmarinen zu einem gefragten Produkt und nahm einen bedeutenden Anteil an der Fleischproduktion ein.

Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sollte der Fleischkonsum in Europa wieder anwachsen.

Literatur:

Fernand Braudel: Sozialgeschichte des 15. – 18. Jahrhunderts. Bd
München: Kindler
1. Der Alltag. 1990

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