Die Römer fanden in England nur wenige Städte vor, die vor allem im südöstlichen England von den Belgiern gegründet wurden. Darunter war Colchester in Essex, die Hauptstadt Britanniens während der römischen Invasion, zunächst die wichtigste. Insgesamt war die römische Zeit in Britannien eine Periode von etwa 400 Jahren. Für die Stadtentwicklung war diese Epoche sehr bedeutsam, da die Römer zahlreiche militärische und zivile Siedlungen errichteten, die als wesentliche Grundlage für das heutige System einiger Städte anzusehen ist.
Die Siedlungen waren durch ein Netz von Haupt- und Nebenstraßen (römische Heerstraßen) miteinander verknüpft, deren Trassen (geplante Verläufe eines Verkehrswegs oder einer Verbindung zwischen zwei Orten) heute noch zum Teil als moderne Verkehrsstraßen in Anspruch genommen werden. Schon zu dieser Zeit entwickelte sich die heutige Metropole London (römisch: Londinium), die eine besonders verkehrsgünstige Lage zu verbuchen hatte, zur bedeutungsvollsten Stadt in Großbritannien. Von London gingen wichtige römische Heerstraßen in Richtung Chester, Lincoln und York sowie nach Canterbury und Dover aus.
Ebenso bedeutsam war die Tideeinwirkung im Themseverlauf, die bis London reichte und für die Schifffahrt eine große Bedeutung darstellte. Neben London bestanden vier relativ große Städte (sog. coloniae), nämlich York, Lincoln, Colchester und Gloucester, deren Status durch eine strategisch bedeutsame Lagesituation begründet wurde. Weiterhin entstanden große Forts und Legionskastelle in Caerleon, Chester und York. Forts wurden vor allem in den militärisch regierten Gebieten (heutiges Wales, Nordengland und Schottland) erbaut. Hierarchisch gesehen folgten unterhalb der coloniae 14 Hauptorte der civitates (cantonal capitals oder auch civitas capitals). Diese wurden vor allem in der Nähe ehemaliger keltischer Stammessitze errichtet und übten als Mittelpunkte der Verwaltung, des Handels, des Gewerbes und des kulturellen Lebens, zentrale Funktionen aus. Unter anderem waren hier Canterbury, auf das in diesem Bericht noch explizit eingegangen wird, Leicester und Exeter vertreten.
Weiter unten in der Rangfolge gab es eine Gruppe von 25 weniger stark befestigten Städten und Badeorten (spas) sowie zahlreiche kleinere Siedlungen (vgl. Heineberg 1997, S. 254f.). Ab Mitte des vierten Jahrhunderts begann der Verfall der Gebäude und Straßen im römischen Britannien. York z.B. wurde 390 n. Chr. von Eindringlingen aus Schottland (Pikten) und Irland (Scoten) sowie von den nach Britannien einwandernden Sachsen verwüstet. Die römische Herrschaft Großbritanniens wurde um 410 n. Chr. beendet. Der allgemeine Verfall in Britannien wurde insbesondere dadurch beschleunigt, dass die von Osten eingewanderten Gruppen der Angelsachsen das Leben in ländlichen Gemeinschaften bevorzugten. Einige Städte wurden danach nie wieder bewohnt, andere wie etwa Bath oder Chester lagen mehrere Jahrhunderte in Trümmern und wurden erst spät wieder besiedelt. Eine geringe Anzahl ehemals stark befestigter Städte blieb wahrscheinlich kontinuierlich besiedelt, waren jedoch in den darauffolgenden Jahrhunderten durch schlechte Wohnbedingungen gekennzeichnet. Zu diesen Städten gehörten London, Canterbury, Lincoln und York (vgl. Heineberg 1997, S. 255-258).