Das römische Canterbury in England (Großbritannien)

Canterbury, das römische Doruvernum Cantiacorum, war Hauptstadt des altenglischen Königreiches Kent, bis dieses im Königreich Wessex aufging. Unter König Ethelbert von Kent (552-616) wurde es zum Zentrum der augustinischen Mission von 597 und Sitz des ersten englischen Bistums. Die augustinische Mission, wie der Name schon verrät, wurde durch den ersten Erzbischof von Canterbury, dem heiligen Augustin angeführt. Augustinus von Canterbury wurde von Papst Gregor I. im Jahr 597 zu Ethelbert von Kent gesandt, begleitet von Laurentius von Canterbury, dem späteren zweiten Erzbischof. Er gilt als der Apostel der Angelsachsen.

Das römische Canterbury

Das römische Canterbury - Thomas Max Müller / pixelio.de

Der Erzbischof von Canterbury, Primas von ganz England, ist das geistliche Oberhaupt der Kirche von England und Ehrenoberhaupt der anglikanischen Kirchengemeinschaft. Sein Bischofssitz ist die Kathedrale von Canterbury, seine offizielle Londoner Residenz der Lambeth Palace. Seit dem Bruch Heinrichs VIII. mit Rom wurden die Erzbischöfe von Canterbury vom englischen König eingesetzt. Der Premierminister hat wiederum aus einer Liste, zwei Kandidaten auszuwählen, auf die sich ein Komitee, bestehend aus Geistlichen und Laien, vorher geeinigt hat (vgl. Fischer 2009, S. 47).

Schon in vorrömischer Zeit befand sich am gegenwärtigen Standort der Stadt eine beachtliche keltische Siedlung, von der sich bei Ausgrabungen noch zahlreiche Reste von Hütten fanden. Der Ort blieb auch nach der Eroberung durch die Römer bewohnt. Weiterhin wurde ein Militärlager errichtet, das etwa bis ins Jahr 60 bestand. Die Stadt erhielt einen Plan mit sich rechtwinkelig kreuzenden Straßen, wobei dieser einige Unregelmäßigkeiten zeigt, die sicherlich auf die keltische Stadt zurückgehen. Die Stadt wurde zum Hauptort der Civitas der Cantiaci (keltischer Stamm) erhoben und damit eine der ersten Civitashauptstädte in der neuen Provinz Britannien. Dennoch erhielt die Stadt aber erst zur Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert ihre bis heute bedeutenden Bauwerke.

Wie schon erwähnt wurden im Zentrum der Stadt (heutiger Standort des Whitefriars Shopping Centre), bei Ausgrabungen die Reste des Forums, eines Tempelbezirkes und eines großen aus Stein erbauten Theaters entdeckt. Das Theater entstand schon um 80 bis 90 und wurde zu Beginn des dritten Jahrhunderts nochmals ausgebaut. Ebenso wurden auch die Reste von mindestens zwei Thermen gefunden. Im Westen der Stadt kam bei den archäologischen Funden, ein großes Gebäude zum Vorschein, bei dem es sich vielleicht um eine Mansio, ein Rasthaus der römischen Antike, handelte. Trümmer von Wohnbauten, die zunächst aus Holz, später meist aus Stein errichtet wurden, sind im ganzen Stadtgebiet verteilt. Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Funde von Mosaiken. Eine Stadtmauer, die noch heute die Innenstadt umschließt, wurde jedoch erst am Ende des dritten Jahrhunderts errichtet, außerhalb dieser gab es verschiedene Nekropole (größere Begräbnis- und Weihestätten des Altertums).

Traditionelles Handwerk, das vor allem im Mittelalter sehr vertreten war, gab es aber auch schon im römischen Canterbury. Werkstätten fanden sich vor allem im Nordwesten der Stadt, außerhalb der Stadtmauern. Bei den Ausgrabungen fanden sich Töpfer- und Ziegelöfen, sowie Materialien zur Eisen- und Bronzeverarbeitung. Wie im vorigen Kapitel schon beschrieben wurde auch Canterbury nach der Römerherrschaft im fünften Jahrhundert aufgegeben. Es gibt einige reiche Hortfunde (z. B. Der Spätrömische Schatz von Canterbury), die um 450 datieren und eventuell auf ein abruptes Ende der Stadt während der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Angelsachsen hindeuten. Es ist wahrscheinlich, dass reiche Bürger während einer Belagerung der Stadt ihre Schätze vor Plünderungen sicherten, aber später nicht wieder in ihren Besitz gelangen konnten (vgl. Wacher 1975, S. 178-195).

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