Beispiele für Versorgungsinfrastruktur: Kurz erklärt am ländlichen Raum

Unter die Versorgungsinfrastruktur fallen alle infrastrukturellen Einrichtungen, die für die allgemeine Versorgung einer Bevölkerung notwenig sind. Dies sind vor allem Geschäfte für den Grundbedarf eines Menschen.

Lebensmitteleinzelhandel

Ein Lebensmittelladen in einem Dorf, sog. Tante-Emma-Laden, ist eine klassische Institution eines Dorfes. Ein solcher Laden hat viele Vorzüge für die Bewohner gegenüber eines anderen Geschäftes, da es sehr persönlich ist bekommen Kunden oft Sonderrechte wie den Einkauf anschreiben lassen, Waren vorzubestellen, sich zurücklegen lassen oder sie geliefert bekommen. Der Tante-Emma-Laden ist ein Treffpunkt des ganzen Dorfes und somit ein Umschlagplatz für Neuigkeiten. Die Anzahl der Dorfläden hat sich in den letzten drei Jahrzehnten in Europa halbiert. Die letzten vorhandenen Läden stehen auch vor dem aus, sobald die Besitzer die Altersgrenze erreicht haben.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie kommen sowohl von der Angebotsseite, da die Geschäfte in den Verdichtungsräumen untereinander im Konkurrenzkampf stehen und somit die Waren billiger sind, als auch von der Nachfrageseite, da die Kunden zu Wochenendeinkäufen in der Stadt und zu einem steigenden Preisbewusstsein tendieren. Eine mögliche Lösung für den Teil der Bevölkerung, die nicht Mobil sind und somit auf einen Laden im Dorf angewiesen sind gibt es mobile Verkaufswagen, die allerdings wieder neue Probleme mit sich bringen wie z.B. nur kurze Erreichbarkeit oder dass sie kein Dorftreffpunkt mehr sind (vgl. Henkel, 2004, S. 327f).

Sonstige Einzelhandelsgeschäfte

Es gab in größeren Dörfern oft eine große Ansammlung von sonstigem Einzelhandel. Darunter fallen vor allem Textil-, Haushaltswaren, Elektro-, Schreibwaren- und Schuhgeschäfte. Der Rückgang der Textil- und Schuhgeschäfte lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass die ländliche Bevölkerung ein stärkeres Modebewusstsein entwickelt hat und dadurch vermehrt Markenartikel aus der Stadt gekauft hat. Am häufigsten können sich
Elektrogeschäfte halten, da diese meist in Kombination mit einem Elektrikerbetrieb auftreten. Dadurch ist ein besonders guter Service gewährleistet, welchen die Kunden sehr schätzen (vgl. Henkel, 2004, S. 328f).

Gasthöfe

Gasthöfe spielen im Dorfleben eine sehr wichtige Rolle, da ein Gasthof ein Treffpunkt für die gesamte Bevölkerung ist. Zudem fördert es die Kommunikation zwischen den Bewohnern. Wegen der offenen Gespräche an Stammtischen o.ä. wird ein Gasthof auch oft als informelles Parlament bezeichnet, da die Bewohner hier über die aktuellen lokal- und kommunalpolitischen Themen diskutieren und eine Entscheidung vorbeireiten. Der Gasthof verfügt oft über einen Veranstaltungssaal indem verschiedene Vereine und Familien Feste feiern können. Somit ist der Gasthof ein sehr wichtiger Bestandteil eines Dorfes. Man konnte beobachten, dass das Vereins- und Kommunalpolitische Engagement deutlich zurückging als der letzte Gasthof in einem Dorf geschlossen wurde. Gründe für die häufigen Schließungen sind Arbeitsüberlastung der Betreiber, steigende Personalkosten und ein hoher Renovierungsbedarf (vgl. Henkel, 2004, S. 329f).

Ärztliche Versorgung

Durch verschiedene Filme und Geschichte gibt es eine Verzerrung des Bildes des romantischen Berufes des Landarztes und der guten Gesundheit der ländlichen Bevölkerung. Doch bis in die späten 1960er war die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung in Deutschland schlechter als die der Stadtbewohner. Dies lässt sich zurückführen einseitige Ernährung und auf den generellen Rückstand des ländlichen Raumes. Heute hat sich dieser Zustand durch medizinische Aufklärung an den Gesundheitszustand der Stadtbewohner angeglichen. Bis in die 1970er Jahre hatte der ländliche Raum eine hohe Konzentration an Krankenhäusern. Allerdings wurden diese geschlossen, weil die Krankenhäuser in den angrenzenden Mittel- und Oberzentren (ab ca. 10.000 bzw. 100.000 Einwohner) schneller wuchsen. Dies ist auch der Grund weshalb es heute in größeren Dörfern ab 1500 – 2000 Einwohner nur noch Apotheken, Allgemein- und Zahnärzte gibt (vgl. Henkel, 2004, S. 330f).

Wie auf Abb. 14 ist der Anteil der Hausärzte je 10 000 Einwohner auf dem ländlichen Raum oft höher, wodurch eine ausgiebigere Versorgung der Patienten stattfinden kann. Für Fachärzte und Spezialklinken müssen die Einwohner des ländlichen Raumes in das nächste Mittel- oder Oberzentrum gebracht werden. Da aber das Netz der Krankenwagen in Deutschlad sehr gut ausgebaut ist stellt das eher ein kleines Problem dar.

Post

Ein großer Teil der Infrastrukturpolitik des 19. und 20 Jh. war ein enges Postversorgungsnetz auszubauen. Das bedeutet, dass jedes Dorf und jeder größere Weiler eine eigene Poststelle hatte. Dies trug sehr stark zur wirtschaftlichen Förderung des ländlichen Raumes bei. Deswegen ist die Post noch heute ein sehr wichtiges Infrastrukturelement. Leider zieht sich die Deutsche Post wegen Rationalisierungsmaßnahmen seit ca. 20 Jahren aus vielen ländlichen Siedlungen zurück. Allerdings steht fest, dass die Erreichbarkeit einer Poststelle als erforderlich und unverzichtbar von der Bevölkerung wahrgenommen wird. Das Fehlen einer Post gilt als schwerwiegender Wirtschaftsfaktor. Wegen dieser Rationalisierungsmaßnahmen gibt es seit 1993 sog. „Postagenturen“. Dies sind Poststellen, die in Lebensmittelgeschäfte oder Tabakläden integriert sind und von den Inhabern verwaltet werden. Ein weiterer Effekt der Rationalisierungsmaßnahmen ist, dass sich im ländlichen Raum der Einfluss privater Paketdienste erhöht hat (vgl. Henkel, 2004, S. 332f).

Schule

Bis in die 1950er und 1960er Jahre hatte jedes Dorf eine eigene Schule. In den Klassen haben meist mehrere Klassenstufen gesessen und wurden von einem Lehrer unterrichtet. Ab Mitte der 60er Jahre begann eine Bildungsreform, die die Schließung der Dorfschulen und die dadurch resultierende Zentralisierung des Schulsystems nach sich trug. Die Nachteile dieser Reform wurden erst spät erkannt. Diese sind vor allem physische und psychische Belastung kleiner Kinder durch den Bustransport. 1986 gab es eine Änderung in der Bildungspolitik, wodurch Dorfschulen wieder geöffnet wurden. Allerdings gibt es zwischen den einzelnen Bundesländern erhebliche Unterschiede (siehe Abb. 15).

In Baden-Württemberg ist eine Dorfschule ab 40 Schüler erlaubt, wodurch es seit der Änderung in diversen Dörfern zur Wiedereinrichtung der Dorfschulen kam. In Nordrhein-Westfalen liegt die Mindestschülerzahl einer Schule bei 120. Es gibt allerdings zahlreiche Dörfer aus denen täglich 100 Schüler in entfernte Schulzentren gebracht werden, obwohl die Dörfer selbst über leer stehende Schulbauten verfügen. Die Kommunen sind sehr bemüht um eine Wiedereinrichtung solcher Dorfschulen, werden aber vom Kultusbüro wegen der bestehenden Normen abgelehnt (vgl. Henkel, 2004, S. 334f).

Sport- und Freizeiteinrichtungen

Zu jedem Dorf ab 500 Einwohnern gehört ein Sportplatz. Ab einer Einwohnerzahl von 1000 besitzt ein Dorf meist über eine Mehrzweckhalle, die an eine Schule gekoppelt ist. Spezielle Sporteinrichtungen wie Tennisplätze, Golfplätze, Reitanlagen oder Sportschießanlagen sind in den letzten 30 Jahren boomartig in den ländlichen Raum gerückt. So ist es heute normal, dass ein Dorf mit 1500 Einwohnern über einen Tennisplatz verfügt.

Die Vereine, die diese Sportanlage mitnutzen, spielen eine sehr wichtige Rolle für das allgemeine Dorfleben. So ist durch das Mitwirken in einem Verein eine starke Identifikation mit dem Dorf möglich. Die häufigsten Vereinssportarten sind dabei: Fußball, Handball, Turnen und Tennis. Durch diese Vielfalt sind die Vereine Anlaufstelle für jedes Alter, vom Kleinkind bis zum Rentner.

Andere Freizeiteinrichtungen, z. B. Feiermöglichkeiten für Jugendliche, fehlen meist auf dem Dorf. Allerdings wird Jugendlichen oft dadurch geholfen, wenn ihnen ein Raum bereitgestellt wird in dem sie sich treffen können. Für Feiermöglichkeiten auf dem Dorf gibt es über das Jahr verteilt die verschiedenen Feste und Bräuche, wie Sportfest, Musikfest, Maifeier, u.v.m. (vgl. Henkel, 2004, S. 340f).

Problemräume in Europa

Ein Problemraum ist eine Region, die wirtschaftliche – und Entwicklungsdefizite hat, die auf natürliche oder geschichtliche Hintergründe zurückführen lässt oder durch Konflikte verschiedener Interessengruppen. Die Abb. 16 zeigt eine Übersicht über Problemräume in Europa. Sie zeigt die strukturschwachen Regionen im Osten, die südlichen und peripheren Gebiete von Italien Spanien und Portugal, Teile von Hoch- und Mittelgebirgen der Alpen, des Zentralmassivs und der schottischen Highlands.

Problemraum Nordsee

Da die Nordsee zu den Meeresregionen mit der intensivsten Nutzung gehört ist es praktisch schon vorprogrammiert, dass sich hier ein ökologischer, ökonomischer und politischer Problemraum zwischen den verschiedenen Interessengruppen entwickelt. Die Nordsee gilt als große Ressource für Nahrungsquellen, denn es gibt viele natürliche Begebenheiten, die dies begünstigen. Die weite Öffnung zum Atlantik, Zufluss von salzarmen Wasser aus der Ostsee und einer geringen Tiefe. Allerdings gibt es beim Fischfang viele Konflikte, da es durch Überfischung zu einer ökologischen Katastrophe kommen kann und durch illegale Fangmethoden der Meeresboden verletzt werden kann (vgl. Kellersohn, 1987, S. 3).

Diese Fangmethoden können allerdings auch die zweite Nutzungsart, Abbau von Erdöl- und Erdgasvorkommen der Nordsee gefährden. Den dadurch können auch Untersee Pipelines zerstört werden, wodurch eine immense Verschmutzung der Nordsee stattfinden würde. Der Abbau von Erdöl und Erdgas ist wohl die Nutzungsform der Nordsee, die im Vordergrund des öffentlichen Interesses steht. Allerdings gibt es auch hier wieder Konflikte mit Naturschützern. Denn durch Probebohrungen und die Hauptbohrung wird der Meeresboden stark verletzt. Außerdem befürchtet man bei der Ölförderung immer wieder die katastrophalen Auswirkungen eines Unfalles.

Die Nordsee hat außerdem noch die Funktion als Verkehrsraum, denn sie ist eine der wichtigsten Verbindungen des Wasserweges von Europa zu den anderen Kontinenten. Zu dem kommt der Schiffsverkehr der Fischer und Fähren.

All diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Nordsee unter hohen Umwelteinflüssen steht. Dazu trägt außerdem die hohe Anzahl der in die Nordsee gegebenen Emissionen bei.

Zusammenfassend lässt sagen, in der Nordsee viele Konflikte zwischen den verschiedenen Interessengruppen und meist den Naturschützern entstehen. Da es, wie überall wo der Mensch eingreift, Einflüsse auf die Natur hat. Deswegen muss ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen den menschlichen Interessen und der ökologischen Situation der Nordsee hergestellt werden.

Problemraum Süditalien (Mezzogiorno)

Der Süden Italiens (siehe Abb. 18) ist weniger entwickelt als der Norden. Das lässt sich auf die Teilung und Wiedervereinigung im 19.Jh. zurückführen. Nach der Wiedervereinigung hat der Norden den Süden ausgebeutet, sodass der Süden keine Chancen gehabt, hat sich zu entwickeln. Weitere gravierende Probleme des Südens sind, dass es keine Rohstoffvorkommen oder Energiequellen gibt (vgl. Wagner, 1991, S. 15ff).

Zudem hat Süditalien eine periphere Lage innerhalb Italiens und Europas, was einer Anbindung an den Markt sehr schwierig macht. Süditalien hat außerdem natürliche Defizite, z. B. Klima, Relief und Vulkanismus. Im Sommer ist es in Süditalien sehr trocken, dass die negative Auswirkung hat, dass es zu einem Wassermangel kommt. Es gibt in diesen Regionen auch keine natürlichen Süßwasser vorkommen. Zudem gibt es einige Vulkanrisikogebiete wie die Regionen um den Ätna oder Vesuv (vgl. Wagner, 1991, S. 7f).

Problemraum Alpen

Die Region der Alpen wurde zum Opfer der Industrialisierung, da die traditionelle Wirtschaftsform in den Alpen die Subsistenzwirtschaft war. Mit Einzug der Industrialisierung würden die Bauern in der Alpenregion gerne konkurrenzfähig sein, was sich aber nur sehr schwer realisieren lässt, da eine großflächige Nutzung des Landes aus natürlichen Gründen wie dem Relief oder dem Klima nur in den Tälern verwirklichen lässt (vgl. Birkenhauer, 1988, S. 3f).

Das Einkommen eines Höhenbauern beträgt nur 60% eines Talbauern. Deswegen haben die beiden Alpenländer Schweiz und Österreich Zuschüsse nach Grad der Erschwernis eingeführt (Abb.19).

Dadurch werden Höhenbauern gefördert, sodass sich ihr Einkommen an das der Talbauern angleicht. Diese Zuschüsse werden insofern gerechtfertigt, dass die Höhenbauern die traditionelle Kulturlandschaft erhalten sollen (vgl. Birkenhauer, 1988, S. 7).

Der Bergwald hat in den Alpen traditionell die Funktion was Schutzwald, Jagdwald, als Renditewald und Wasserreservoir. Die Schutzfunktion, vor Lawinen, Muren und Erosionen, war und ist die wichtigste Funktion eines Waldes in den Alpen. Daher wurde der Wald mit einem Bann belegt, d.h. Androhung von Strafen bei Holzschlag, und wird daher heute noch Bannwald genannt. Der sog. Renditewald ist der Wald, der abgeholzt werden darf, da diese Regionen nur eine geringe Lawinengefahr haben. Auf diese Tatsache gehen die meist recht großen Sägewerke in den Tälern zurück. Die Konkurrenz aus Skandinavien und Kanada führte allerdings dazu, dass die Forstwirtschaft in den Alpen schrumpfte, da das Holz aus Skandinavien und Kanada viel billiger war. Ein weiterer negativer Effekt dieser Tatsache ist, dass sich niemand mehr um die Aufforstung dieser Gebiete gekümmert hat und die Wälder dadurch überalterten und deshalb keinen Schutz mehr vor Lawinen darstellten. (vgl. Birkenhauer, 1988, S. 10).

Die wohl am meisten mit den Alpen verbundene Nutzung ist die Nutzung als Tourismus Standort im Winter wie auch im Sommer. Abb. 20 zeigt die vereinfachte Geschichte eines vom Tourismus geprägten Ortes in den Alpen. Am Anfang des 20. Jh. wurden die ersten Dörfer als Reiseziel erschlossen. Doch erst mit der hohen Mobilität ab den 50er Jahren wurden aus den kleinen Dörfern mit wenigen Häusern, große vom Tourismus geprägte Landschaften.

Dazu zählen vor allem große Hotelanlagen, Skilifte, Wanderwege und Golfplätze. Eine positive Folge dieser Entwicklung ist die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen. Da sie ohne die Touristen nie so ein starkes Wachstum haben könnte. Ein weiterer positiver Punkt ist die infrastrukturelle Anbindung. Den durch die vielen Touristen muss eine hohe Infrastruktur gewährleistet sein, dass vor allem die Verkehrsanbindung betrifft. Die negativen Folgen der Erschließung der Alpen als Tourismusgebiet ist vor allem die Zerstörung der natürlichen Umgebung. Durch den exzessiven Ausbau und Verstädterung der Orte wird es auch für die Touristen sehr gefährlich, da dadurch das Risiko steigt von Lawinen oder anderen Katastrophen betroffen zu sein.

Abb. 21 (Quelle: DIe Alpen, S. 39) zeigt, dass es sich in den Fremdenverkehrsgebieten der Alpen um einen Drahtseilakt zwischen Naturbelassenheit und Bebauung handelt. Durch eine gezielte Raumplanung kann man erreichen, dass eine Siedlung in einem Skigebiet nicht zu überladen von großen Hotels wird.

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