Merkmale eines Gedichtes
- bis ins 20. Jahrhundert in der äußeren Form mit Versen, Versmaß und Strophen
- heute oft nicht mehr in dieser Form
- Unterschiede zu Epik/Dramatik vor allem in der Verdichtung, in der Prägnanz, in ihrer Subjektivität
- oft auch Bezug zu einem „lyrischen Subjekt“, z.B. zu einem „lyrischen Ich“
- äußere Ausdrucksmittel: Alliterationen, Metaphern, Rhetorische Figuren, Reime, etc.
- durch Verschiebungen im Satzbau oder ungewöhnliche Stellung von Sätzen, Wörtern und Wortgruppen als sprachliche Mittel
- der Vers ist ein rein lyrisches Element
- in der modernen Dichtung werden diese Schemata oft vernachlässigt, teils schon bei Goethe zu beobachten (freie Rhythmen, kein Reimschema, etc. mehr vorhanden)
- in der modernen Lyrik oft Verzicht auf Metrik und Versmaß, wodurch sich der „freie Vers“ immer stärker der Prosa angleicht
Chronologie der Gedichte in Deutschland (Geschichte)
- Altertum: Gedichte im Stabreim, oft mit Alliterationen. Älteste Überlieferung: „Merseburger Zaubersprüche (9. Jahrhundert)
- Mittelalter: christlich orientiert (Marienlyrik), ab 12. Jahrhundert weltliche Entwicklung (Spruchdichtung, Minnesang: Walther v.d. Vogelweide). Immer mehr Varianten, Einflüsse mittellateinischer Dichtung (Ovid)
- Frühe Neuzeit: Humanisten, aber auch protestantische Kirchenlieder (Luther), im Barock dann Gesellschaftslyrik und klare Trennung zwischen kirchliche und weltliche Lyrik
- ~ 18. Jahrhundert: Einsetzen des Pietismus, daneben Naturlyrik (Klopstock, Claudius) als Wegbereiter des Sturm und Drangs. Letztere Epoche inhaltlich an der Aufklärung orientiert, allerdings mit sozialrevolutionären Ansätzen. Wichtigster Vertreter: Goethe in jungen Jahren
- Weimarer Klassik: Nachfolgerin des Sturm und Drang; Lyrik wird formal strenger, Forderung nach sozialem Ideal. Bezug: Griechische Klassik. Bedeutendste Vertreter: Friedrich Schiller (Das Lied von der Glocke, Die Bürgschaft, Die Götter Griechenlands), Johann Wolfgang v. Goethe (West-östlicher Diwan), Friedrich Hölderlin
- Romantik: weniger politische Lyrik, wieder mehr religiöse Inhalte, fast immer jedoch Naturlyrik mit vielen Metaphern, dazu oft melancholisch. Hauptmotive: Weltschmerz, Sehnsucht (Todessehnsucht), Heimweh, Umherwandern. Hier und da auch fantastische Gedichte (Eichendorff). Fortführung der Balladenform, die von Schiller und Goethe betrieben wurde. Bedeutendste Vertreter: Joseph von Eichendorff, Clemens Brentano, Ludwig Uhland.
- Biedermeier: spätromantische Naturlyrik, Gedichte beschäftigen sich mehr und mehr mit privaten Angelegenheiten. Wichtigste Vertreter: Eduard Mörike, Annette von Droste-Hülshoff, August von Platen
- Vormärz: Lyrik kritisch gegenüber System und Sozialwesen, Hinwendung zur Einigkeit der Deutschen unter einer Nation, vertreten in erster Linie von Heinrich Heine und Hoffmann von Fallersleben (Das Lied der Deutschen)
- Poetischer Realismus: die Realität wird durch die Kunst kultiviert und damit andersartig dargestellt; Vertreter: Theodor Storm, Gottfried Keller, Franz Grillparzer
- Moderne: Einflüsse der ästhetischen Lebenshaltung auf die Lyrik (Rainer Maria Rilke, Stefan George), daneben Expressionismus (Gottfried Benn, Georg Heym). Bert Brecht mit eigener, exponierter Stellung, lässt sich nicht zwingend kategorisieren. Des Weiteren oft spaßige Gedichte, die Beachtung fanden, wie die von Ernst Jandl und Christian Morgenstern.
Definition
Ursprünglich ist ein Gedicht alles, was verschriftlicht wurde (noch am Begriff der „Dichtung“ nachvollziehbar). Seit dem 19. Jahrhundert ist das Gedicht nur noch auf das Poetische bezogen. Das Gedicht (Lyrik!) ist neben der Dramatik und der Epik die dritte literarische Gattung.